Im Osten nix neues…

Immernoch einen Tag warten.
Morgen läuft das Visum und heute, den Dienstag verbringe ich noch in Narva. (55.000 Einwohner, – 95% davon russisch) Auch schön, kann den Ort mal ausführlich erkunden was auch nicht lang auf sich warten lässt; einige Leute sprechen mich an im „Wohnzimmer Cafe Muna“ wo ich gern die Zeit verklüngel, diskutiere mit einem nach dem anderen.

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Das futuristische Cafe Muna im Top-modernen Neubau des Narva Colleges soll für zwei Tage mein "Wohnzimmer" in der Stadt werden.

Final beansprucht mich der Schwede Einar, ein „Theosoph“ welcher auch Deutsch kann, kriegt sich garnicht mehr ein in Fragen über Fragen des Wanderlebens.
Interessant: Er kennt Russland sehr gut, spricht die Sprache, wir verbringen einige Zeit mit Landkarten und Essen miteinander, und verabreden und für morgen an der Grenze: Einar kommt mit rüber, hilft mir bei kniffeligen Fragen durch das Grenzprozedere im gepflegten Russisch. (Er arbeitet hier am College, hat ein Dauervisum für Russland)

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345 Jahre steht es, das alte Rathaus von Narva, daneben das modernistische College als gelungener Neubau.

Die zwei Nächte hier verbringe ich im Zelt, immer am Stadtrand wo die Wildnis jegliche Menschen fernhält. Das geht recht schnell, kaum ein paar Meter hohes Gras, ein paar Büsche und schon wagt sich niemand der allergieängstlichen Städter ins Dickicht, voller Insekten, Fliegen, Mücken und Spinnen…
Kein Ding für mich, stürze mich nahezu in die Botanik mit Fernblick auf die Plattenbauten und bin wieder ganz in der geliebten Natur.

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Natur gut alles gut; aber nur solange die Moskitos nicht zu viel werden; ein bischen Ausblick reicht, und die Mücken haben keine Chance...

Einmal an der Mauer, einmal am Sandhügel abseits der Stadt finde ich mein Nachtquartier. Fantastisch schlafen bei lichtem Nachthimmel des hohen Nordens sind da garantiert.
Zum Frühstück fröhne ich (noch) den glorreichen Westen bei Mc Donalds, gegen Vormittag schaue ich an der Festung von Narva vorbei, aus dem finsteren Mittelalter einst, heute frei zugänglich, gegenüber der russischen Burg, erbaut von Zar Ivan III, der Russland vor 650 Jahren erstmal vereinte.

Good bye Estland: 493 Kilometer bin ich nun in diesen kleinen Land gegangen.

Ein Blick hinüber ins Riesenreich …

Ivangorod (9.000 Einwohner) will mich erstmal nicht reinlassen; erst am Mittwoch gilt das Visum! Keinen Tag früher.
Ich konnte mich kaum halten, musste schonmal gucken gehen an der Grenze, suchte den Fußweg hinüber um nur mal zu schauen…
Super-unfreundlich, – wie erwartet, giftet mich die Olga am Passschalter auf estnischer Seite an, kein Englisch zu sprechen.

Die Haare stehen wie nach einem Elektroschok, merke ich und fliehe aus den Katakomben zurück, finde dann ganz nebenan in der Touristeninfo was ich wissen wollte.
Kein Essen und Trinken dürfen hinüber: Europa – Russland Embargo.
Rubel sollte ich schon hier besorgen, irgendwas gibt’s immer zu bezahlen beim Übergang.
Ich sollte keine Sprüche klopfen!

So, weiter gehts in Narva.
Neben dem eher ruhigen und überschaubaren Grenzkomplex blicke ich abseits davon auf den Narvafluss der wie ein Kanal den Peipussee entwässernd, zur Ostsee schwappt.
Narva ist (heute) estnisch, und mit 55.000  – zu 95% russische – Einwohner, die drittgrößte Stadt Estlands, hat eine alte Burgfestung ganz wie Ivangorod auf der anderen Seite in Russland.
Von Narva gucke ich nahezu hinunter auf die Grenzbrücke ins Zarenreich (heute ja fast wieder..) und staune über ein tolles Panorama.

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Der Blick hinüber ins ersehnte Riesenreich auf meine erste Stadt dort: Ivangorod, mit alter Festung und der hoch gesicherten Grenzbrücke. Schon bald rollt der Wanderwagen dort auch hinüber .....

Cappuccino, und noch einen bitte…. in Narva muss ich jetzt wieder ein „Wohnzimmer“ finden, für Internet und Gemütlichkeit drinnen. Schließlich laufe ich zum Abend wieder aus der Stadt hinaus um in der Wildnis zu zelten. Die Herbergen hier kosten mit 15€ im Mehrbettzimmer einfach zu viel.
Pro Tag gebe ich 15€ aus, nahezu auschließlich zum leiblichen Wohl; der Kaffee (in den Wohnzimmern) und Bier (vom Kaufladen) sind da der einzige Luxus.

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Mein Wohnzimmer, diesmal das Cafe Muna (Kohvik Muna) am alten Rathaus von Narva. Hier verbringe ich viel Zeit, bin einfach mal gern "drinnen" - zu chilliger Trans-house Musik.

Freund Georg gehts drüben auf dem Jakobsweg auch wieder deutlich besser: Er macht & tut an seinen maltretierten Füßen alles mögliche, und vor allem, er pausiert, läuft nicht einfach weiter…. bis morgen weilt er noch eine weitere Nacht in Toul (Frankreich … bei viel Regen)
Ich sende ihm mal Sonne, davon haben wir in Estland momentan genug …

… Eingeladen in Sillamäe …

Wo?
Ja in Sillamäe, wer kennt es nicht?
Wohl 99% der Weltbevölkerung, wie so viele 15.000 Einwohner-Städte irgendwo in abelegenen Ecken mittelmäßig bekannter Länder.
Immernoch ESTLAND, immernoch kein erster Juni (Visabeginn für Russland), immernoch nicht fertig die nun jetzt 493 Kilometer im kleinen Baltenland.
Ja, 493 sind es nun doch geworden, erst 410, dann so 450 und nun wieder etwas mehr, wegen des Schlenkers zum Peipussee… liegt alles an diesem 01.06.

  • Grenzübertritt –
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Noch 18 km bis zum Tagesziel, und 183 km bis Peterburi .... na, das klingt aber immernoch estnisch, aber nicht mehr lange .... in vier Tagen bin ich "drüben".

Doch erst einmal nach Sillamäe zu Margarita Morozova, die mich über Couchsurfing einlud; erstmal in diese komische Stadt, eine typisch sowjetische Planstadt vom alten Reißbrett, in Stalinbarock wie man hier ironisch sagt.
Ganz anders hier alles: Gerade Straßen, ein Wohnbunker nach dem anderen, aber eben etwas schnörkeliger das Ganze. 1949 wurde hier noch klassizistisch gebaut, also (etwas) in Anlehnung antiker Bauästhetik, so bis 1958, ganze Straßenzüge im pompösen Stil einer herrschenden Arbeiterklasse.
Industrie war (und ist) am aufgeblähten Hafenkomplex drüben an der Ostsee ausgebreitet, endlose Betongeschichten vom Metallhütte bis Energiekraftwerk sind die ersten Eindücke beim Einmarsch in den Ort.

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Typisches "Stalin-Barock Viertel" in Sillamäe, im rechten Block wohne ich bei Margarita und Sascha.

Auch wenn Sillamäe sich so estländisch anhört, ist es fast komplett russisch. Hier ganz im Osten des kleinen Landes ballt sich die postsowjetische Minderheit, ganz nah der alten Ur-Heimat, aus jener die Russen nach 1945 ins „neue Gebiet“ dem okkupierten Baltikum, einwanderten oder gar umgesiedelt wurden.

Mein erstes russisches Gasterlebnis; die 56 jährige Margerita kann nur wenig English, aber egal, der Google Übersetzer kommt gekonnt zum Einsatz, und auch Alt-Akademiker Sascha versteht noch ein wenig.
Beide haben im alten Reich sudiert, die ruppige Margerita sogar was im Astro Bereich, irgendwas koordinations technisches als Bodenpersonal.
Jetzt schult sie um, und ergänzt ihre Freizeit z.B. damit Gäste aus aller Welt zu empfangen, bin schon der dritte Deutsche im Haus, sowie Russen und ein Malaisier (der natürlich sofort kochen wollte) waren da.
Was machen russische Gastgeber so?
Erstmal essen, dann ab auf die Datscha …

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Lecker Essen in der kleinen Küche mit Sascha. Wenig Englisch, ich kann (noch) kein Russisch. Alles egal, es geht auch so.
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Im Schrebergarten lerne ich noch mehr über die russische Seele: Auf der Datscha lebt man gern übers ganze Wochenende. Auch wenn dort eigentlich immer nur Arbeit ist ...
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Auch für den Gast gibt's zu tun: Die Apfelbäume brauchen einen Schnitt. Perfekt um mich für die Gastlichkeit erkenntlich zu zeigen.

Wirklich alles ist hier Handarbeit, jeder Zentimeter irgendwie geflickschustert und sonst wie gezimmert, verdrahtet und gerödelt am und in der Datscha, Sascha werkelt nun seit Jahren daran herum, ist soweit schon fast fertig, aber wirklich fertig?
Darf eine Datscha eigentlich nie werden.
Was sollte man denn sonst noch tun hier, wenn alles einfach fertig ist?
Ich kassiere noch ein paar Zwiebeln aus dem Garten für meine Wanderschaft, ein dickes Glas Tomatensaft auch noch (hatte ich letztens bei Ryan Air so vermisst …).

Ich verbringe den Abend Zuhause mit Margerita, Sascha blieb auf der Datscha (sowas machen russische Ehemänner sehr gern, vor allem um mehr und ungestörter trinken zu können, wobei in diesem Fall, Sascha ausnahmsweise mal kein Trinker ist) und ich hatte nur noch wenig Power lange in die Nacht zu wachen; scype mit Mama und Freund Georg (dazu mehr am Textende) erzähle der weitgereisten Russin Margerita meine Pläne, erfahre von ihrer neuen Freude am malen.

Margerita ist vom Kern eine wunderbar gütige, mütterliche Natur mit viel Verstand und einer selten objektiven Gabe die Dinge zu verstehen; in ihren Bildern spiegelt sich wohl der komplexe Geist ihres vielschichtigen Wesens wieder, was mich schon sehr beeindruckt hat.
Sie malt erst seit kurzem, und erfreue ihr Gemüt mit der erfrischenden Idee, ihre Werke doch zu verkaufen … um so freudiger wäre es, wenn ausgerechnet jemand aus meiner lieben Leserschaft eines ihrer Bilder erwirbt. Teuer sind sie nicht, aber dafür sehr authentisch.
Margerita wäre erstmal über mich zu erreichen, (am besten über mein Facebook) – einfach melden und ich vermittel euch. Ist noch alles neu für sie..

Noch sehe ich das Meer, hier am „Finnischen Meerbusen“, eine lange Bucht die bis St. Petersburg geht, und von dort ich dann satte 12.000 Kilometer (!) dann keine Meeresbriese mehr schnuppern kann, die wohl weiteste und längste Überlandtour meines Lebens (und auch weltweit mögliche) steht dann bevor; einmal quer durch Russland bis rüber, ganz hinten zum Pazifik.

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"Tief im Westen" hier an der östlichen Ostsee, werde ich wohl noch lange denken in Zukunft, wenn's schier endlos in die Weiten Russlands, ja Nordasiens geht .... (Kieselstrand bei Sillamäe)

Es ist fast 19 Uhr jetzt, wieder total warm und sonnig, bin nur 21 km gewandert bis zur eigentlich stinklangweiligen Waldsiedlung Narva Joesuu, ein Zweit/Dritthaus – Ferienhaus Ort, der sich ewig langzieht und direkt vor Russland endet. 100 Meter über die Narva, dem Grenzfluss gucke ich auf das ersehnte Riesenreich; völlige Wildnis drüben, kein Haus, kein Garnichts, nur Schilf und Wald ….
Ich trinke Margeritas Tomatensaft und träume vom akkorat gemähten, estnischen Rasen aus hinüber in die Pampa… mein Gott, was ich mich auf dieses Land freue …

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Da drüben ist Russland, hier überall Leben, dort nur Wildnis, .... und natürlich Millitär.

Morgen noch schlappe neun Kilometer bis zur finalen Grenstadt Narva, wo ich noch eine Nacht bleibe. Das Zelt steht bereits wieder im Grünen, wie immer etwas Abseits der Straße, 9 km vor Narva. Georg ruft wie immer aufs Handy an, und höre diesmal nichts Gutes vom Jakobsweg: Die Füße machen ihm sehr zu schaffen, ganz gegen der Erwartung dass eigentlich sein komplexes Rückenleiden auf dem Plan käme, mitnichten, und gottseidank, der Rücken kann entzücken, tut ihm fast garnicht mehr weh. Aber wieder muss er einen Tag aussetzen, muss die wunden Treter einfach ruhen lassen. Er ist jetzt in Toul angekommen (Lorraine, Frankreich) und muss wohl (wieder) einen Ruhetag im Hotel einlegen.
Eine schwere Probe im Fernwander-Leben.
Ich bin bei ihm, sende ihm Meilen die mir vergönnt …

Immer näher an Russland …..

Welch Wohltat: Ein Tag mal ohne Sonne, nur wolkig, mal ein Platzregen, aber immer schön warm.
Der Haut tut’s gut, mittlerweile wie Dachpappe geschmort, können Hände oder Gesicht kaum geschützt werden.
Was soll ich z.B. bloß in Australien oder in der Sahara machen, wenn’s irgendwann mal bei + 50 durch die Wüste geht?
Noch viel Zeit und viele (viele) Kilometer bis dahin…..

Ich kann sogar etwas trödeln, habe noch bis Mittwoch Zeit bevor das Visum gilt. Wandere erst im heiter, wolkigen Tag, zelte dann gezielt auf einer offenen Wiese, etwas geschützt von einzelnen Bäumen um dort im Wind der offenen Landschaft kein Fraß der Mücken (wieder) zu werden.

Klappt auch, heute am Freitag morgen scheint schon um halb sechs morgens die Sonne…. kaum ein Moskito stört das Idyll, kann wieder entkleidet meiner Katzenwäsche fröhnen.

18 km weiter wandere ich nun wieder in einer Stadt ein, Johvi, eine 11.000 Einwohnerstadt die mal für estnische Verhältnisse wirklich „Stadt“ ist, bedeutet erstmal Cappuccino, Pause und Wohnzimmer. Ja Wohnzimmer: Die Cafes oder Lokale mit WiFi, billigen Getränken sind meine Oasen im Einerlei des geschäftigen Wanderns.
Natürlich ist das Fernwandern eines meiner Lebenselexiere, aber nicht auschließlich; wie in einen geliebten Beruf (haben einige wenige wirklich!) macht man gern seine Sache, ja mit Leidenschaft.
Doch alles was schön ist, ist begrenzt. So relaxe ich nun hier im „Cafe Grande“ und lade meine als auch die Batterien meiner Geräte (Handy, Akku-Rasierer) an den Steckdosen des Lokals.

Es wird immer russischer; Johvi (gesprochen: Jichwije – das ch wie in „Schachtel“) hat schonmal uber 50% Russen in der Einwohnerschaft, leider ein größeres Arbeitslosenproblem was sich weiter nach Osten noch verschlimmert.
Dort leben noch mehr Russen, fast kaum noch Esten und Narva, die hinterste Stadt im Lande ist der Grenzübergang, die russischste Stadt Estlands.

Go East …. sage ich mir, aber langsam ….

Paradies & Hölle …

Echt ein Traum: Wandern bei perfekten 22 Grad, leichter Wind und einsame Straßen, der Duft von Flieder.
Mein Ziel: Der Paipussee, auf estnisch: Peipsi järv (gesprochen: „Pepsi“) – zwar nicht aus Cola, aber schon recht klarem, sauberen Wasser bestehend, breitet sich nach langer, schweißtreibender Wanderung vor mir aus.

Wie ein Meer ersteckt sich das seichte, untiefe Gewässer bis zum Horizont. Ich glaube da drüben sogar das andere Ufer zu sehen, ganz rechts wo der Blick schon fast sich in aller Weite erschöpft, sehe ich RUSSLAND.

Der Paipussee, ein lustiger Name für den fünft-größten See Europas, mal eben über sechsmal gewaltiger als der Bodensee, oder um einiges größer als der Staat Luxemburg, dehnt sich das Paipu-Gewässer auf über 3.550 Quadratkilometer aus, zwei Länder teilen sich jeweils ein Ufer.

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Ganz rechts zwischen Estland und Russland liegt der Paipus See, wo ich heut angekommen bin.

Überall Schilf, ich habe Angst gleich von tausenden Moskitos angegriffen zu werden, ziehe mich aber dennoch komplett aus, weder Mensch noch Mücke stören mein nacktes Badevergnügen, laufe weit hinaus und glaube bei Wassertiefe 0,5 Meter, ungefähr 150 m weit raus zu sein.
Im Schilf allerdings gibt’s einiges zu entdecken; seltsame Wasserinsekten wie Stabwanzen oder Wasserskorpione kitzeln meine Füße, die sich so freuen über all die Erfrischung.

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Wo ist der Wanderwagen? Bloß nicht verirren im Schilfmeer, ganz nackig auf Erkundungstour.

Im seichten Nass schaffe ich wenigstens sowas ähnliches wie ein Bad, wasche mich endlich mal komplett ab. Welch eine Wohltat im klar-braunen Peipus.
Angst vor den Monster Blutegel der mich komplett aussaugen will, stapfe ich aus dem Schlick der Bucht wieder hinaus, laufe einige Kilometer weiter und finde dann doch noch den Traumstrand wo auch letztlich das Zeltlager in aller Einsamkeit einer seiner schönsten Plätze im Wanderleben hat.
Sand, Dünengras, rauschende Kiefern im Wind, das rauschen der Wellen… wie am Meer.

Lecker: Estnisches Bier zum traditionellen Trockenfisch, die ich im Viererpack für 2,30€ mir schon mal erlauben kann. Schwer zu knabbern sind die, zäh und salzig erstmal recht anstrengend zu genießen. Überhaupt, neben den orangenen Fischeiern gibts kaum Fleisch daran. Aber jeder hier schwärmt davon …

Abends dann aber kommen sie, die lieben Mücken-Frauen und attakieren was das Zeug hält. Kein Ding, das Zelt ist zu, ich schlafe perfekt und gut geschützt.
Allerdings wache ich in einem sirren vieler hundert Moskitos wieder auf, staune wieder über das Zelt welch Schutz vor Wind und Wetter, sowie auch vor solch Plage es bietet… muss aber irgendwann da auch mal raus.

Rasieren, Schlafsäcke und Decken einpacken, dann Reißverschluss auf und los….

Dick eingemummelt mit Handschuh und je zwei Hosen, zwei Pullis + Kaputze tief ins Gesicht, so habe ich eine Chance recht unbeschadet dem insektoiden Blutrausch zu entgehen.
Klappt, Ruhe bewaren und ganz in Ruhe alles vernünftig einpacken; das permanente Sirren direkt an den Ohren stresst dennoch stark… ich beherrsche mich, sodass der Sieg mein sein könnte, wenn da nicht… wenn da nicht.

Oh je, ich muss unbedingt noch einen Klo-Gang machen …..

Was tun? Ausgerechnet jetzt die Hosen runterlassen wäre eine Katastrophe. Hab kein Mückenmittel dabei, und überlege vielleicht in den See dafür zu gehen…. aber auch da muss ich mich ja vorher ausziehen.

Also durch: Ich renne 60 Meter über den Strand, hänge den Moskitowirbel somit ab, ab ins Gebüsch, Hose runter und los, aber Sekunden nur und wieder umschwärmen mich Pechvogel unzählige Blutsauger, ich könnte sterben….
Irgendwie schaffe ich die Nummer, kassiere wohl an ein Dutzend Stiche am A…. und beruhige mich, gehe zurück, schwitze wie ein Elch in all den Klamotten, packe das Zelt ein, pflüge den Wanderwagen durch den vormals noch so paradisischen Strand…. durch den Pinienwald, begleitet von einem wahren Wirbelsturm aus Mücken ………

Meditativ ertragend, alle Register ziehend jetzt nicht schlicht die Fassung zu verlieren, gib ich endlich auf dem Asphalt angekommen, Gas…. doch schnelle Schritte nützen garnichts, der nordische Sommer ist nun komplett zur Hölle mutiert, ich kann ja nicht wegrennen, kann nichts machen…. muss da durch, muss da durch…. aber wo durch? Wo ist die Erlösung?

Acht, zehn Kilometer renne ich nassgeschwitzt über die einsame Waldstraße, ertrage die schwüle Waschküchenluft in all den dicken Klamotten und überlege was denn wäre wenn‘ s nun immer so weitergeht?

….. Doch irgendwann, irgendwann kann ich wieder atmen, bleibe stehen und nein, kein Sirren mehr…. nur ein, zwei wirre Mücken umkreisen mich müde…. was war passiert?
Sind die Viecher nicht mehr aktiv?
Oder nur im Schutze des Waldes?
Wieder an der großen Landstraße sausen die 40 Tonner an mir vorrüber, pusten heftig Staub mir ins Gesicht und ich freue mich neuerdings darüber; kein Moskito hält den Windschatten der Truks stand, werden weggeblasen….

Puhhh, wenn das Paradies zur Hölle wird ….

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Na toll: Warme 20 Grad, aber zwei Pullis + Mütze, zwei Hosen, damit die Mückenplage nicht einfach durchsticht. Handschuhe dazu lassen mich fast kollabieren, schwitze und flüchte ....

Holzfällerdorf Avinurme (1.400 Einwohner)

Ost – Estland durchwandere ich nun, und ich habe Zeit; bis zum 01 Juni kann ich es noch schaffen einen Schlenker zum Peipsi See einzubauen.
Auf dem Weg dahin kratze ich eifrig die vielen Mückenstiche von Simuna wund, 30 Kilometer hab ich dafür ja Zeit.

Wald ohne Ende, zwar immernoch eher Plantage in durchforsteter Reihenpflanzung, aber mit etwas Phantasie sehe ich nur noch Natur pur; Estland überzieht 55% Wald, der allerdings fast ausschließlich (wie überall in Europa) als des Menschens Nutzwald dient.
Jeder Meter alle paar Jahre aufgeräumt, echte Wildnis Fehlanzeige. Aber dennoch, Elche und ja sogar Bären (letztere in winziger Anzahl) fühlen sich im geometrisch korrekten Wirtschaftsforst einigermaßen wohl, verlieren sich in den menschenleeren Baumkolonnen, bis irgenwann, so alle paar Jahre wieder die Motorsägen den Sektor systemathisch daran erinnern, dass die Ära des unberührten Urwaldes, wirklich vorbei ist. Dann flieht alles was noch übrig ist an Fauna, aus der korrekten Flora.

So landet er dann, der maßgeschneiderte Baum, als aufgearbeiteter Stamm, abgemessen in einem der Sägewerke von Avinurme, dem einzig wichtigem hier, wovon die wenigen Bewohner dieses platten Waldlandes leben.
Es läuft gut, Holz ist gefragt europaweit vor allem wenn’s billig ist, und bei den neuesten (import) Maschienen, holländischen sowie schwedischem Know How’s für alle Bereiche moderner Land/Forstwirtschaft, bleibt der Flächenstaat Estland konkurrenzfähig.
Im Dorf Avinurme erzählt mir Holzwaren Verkäuferin Ludmila sowas gern; ich schlürfe gleich zwei Cappuccino dort, zahle aber nur einen, weil meine Wanderleben Story offenbar Symphatie schafft.

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Alles Holz, alles Handarbeit. Tolle Qualität und garnicht teuer. Das Holzladen - Cafe in Avinurme.
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So viele Dörfer, aber jedes einzigartig. Avinurme im Osten von Estland.

Drei Stunden lasse ich mir Zeit die Beine zu entlasten, walke aber anschließend noch ganze vier km, vorbei wieder an Sägewerken, der riesigen Blechhalle einer Metallschmiede, und strande im Schutze einer hölzernen Ruine fast am Straßenrand.
So ruhig wie es hier ist, zelte ich einfach offen neben dem Haus auf ein Stück Wiese. Im Wald mag ich nicht mehr so gern, dort, im Schutze der Bäume schwirren Milliarden Mücken jetzt.
Im leichten Wind offener Landschaften, scheuen sich die Plagegeister mehr, weshalb ich die Strategie bei der abentlichen Suche nach einem Lagerplatz ändern muss.

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Mein Haus ist kleiner, dafür aber intakt; Bauernhausruine und Villa Wanderleben.

…Der zivilisierteste Hinterhof der Welt…

Jajaja, über den Begriff Zivilisation lässt sich ja streiten, genauso über die Lage des kleinen Landes hier ganz oben am Rande Europas….. oder besser gesagt am Rande der EU.

Außerdem hören (und lesen) die Esten überhaupt nicht gern ein Hinterhof zu sein, aber der Einfachheit halber dürfte es schon gehen, auch wenn Europa entweder hier aufhört oder dessen Mitte (geographisch) hier ganz nah ist; nahe Vilnius (Litauen) liegt er ja, der geographische Mittelpunkt unseres so kompexen Kontinents, der im eigentlichen Sinne ja kein eigener Kontinent ist, sondern (im wieder geographischen Sinne) mit Asien, die Super-Landmasse „Eurasien“ bildet.

Aber nur ein Teil eines viel Größeren? Damit gab und gibt sich der selbstherrlichste Kontinent nicht zufrieden und zak, so manch imaginäre Trennlinien zaubern sich längs das Urals und dem Kaukasus zwischen die Landmassen. Europa ist geschaffen und viel später dann wieder ein ganz anderes; die Europäische Union, eines meiner Lieblings-Meilensteine humaner Zivilisation (jetzt kein Scherz!) was aber gern auch „eurasische“ Dimensionen hätte.
Jaja, auch ich würde mir echt wünschen das Moskau im (geographischen) Zentrum dieser EU heute stünde; da wäre unser vereinter Kontinent nämlich bis an Chinas Grenzen gewachsen, Nordasien (Sibirien) somit also europäisch, aber eben nur politisch dann.
Man kann es sich auch schwer machen, aber Europa zu unterscheiden in seinen Landmassen und politischer Größe, dürfte eigentlich jeden gelingen, und somit versteht es sich doch von selbst, wenn ich bald mitten in Europa, Europa verlasse.

Estland gibt also noch einmal richtig Gas, hier oben direkt neben dem russischen Riesenreich mit allen nur erdenklichen Euro-Normen, ganzen Wäldern von Straßenschildern, Verbot und Geboten überall, Grashalme gekämmt in aller Weite übers flache Land, glatter noch als in Holland.
An der Wursttheke im großen Supermarkt muss ich eine Nummer ziehen um was dort aussuchen zu können.

Es klappt aber auch, den Menschen hier gehts offensichtlich gut und ganz im Gegensatz zu den Bruderstaaten Litauen und Lettland, will hier nicht gleich jeder auswandern.
Überall komme ich auch mit Englisch super weiter, erfahre somit hier auf dem weiten Land, dass es hier so billig ist Land und Haus zu erstehen.
Hier ein verfallener Hof, dort eine eingestürzte Ruine, aber immer schön mit gemähten Rasen drumherum. Oft zu lesen auf einem Schild: „Müüa“ was zu verkaufen heißt.
Also eigentlich lässt es sich hier auch leben in Estland; alles ist da, die schwindenen Dörfer schrumpfen nicht lautlos, zeigen viel Einsatz in Kulturzentren, neuen Schulen oder großen Freiflächen als Parks oder Veranstaltungsfläche. Neubauten neben totalem Zerfall, letzterer so weit wie möglich kaschiert.

Estland hat eigentlich alles, nur eben keine Menschen. Die werden weniger und freuen sich tatsächlich wenn Zuzug z.B aus Deutschland kommt: Billiges Land, weite freie Flächen und wirkliche Ruhe dürfte dem einen oder anderen Flüchtigen mitteleuropäischer Enge vielleicht gefallen.
Mann sollte gut Englisch können und ja, das europäische Chinesisch zumindest etwas verstehen, Estnisch gehört zusammen mit dem ungarischen und finnischen zu den seltsamsten und komplexesten Sprachen in Europa.
Sollte der Neu-Este dann mal Heimweh haben, sind die 2.300 km nach Deutschland dank Billigflug von Tallinn kein Problem, ich hab’s ja vorgemacht.

So, wenn eine Million Neubürger in Estland angesiedelt sind, bekomme ich eine Mio € von der Regierung als Dank. Also, jetzt müssen das nur noch genug Leute lesen ……

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Land, Land, Land, soweit das Auge reicht, soweit die Füße tragen. Estland sieht aus wie Friesland, kein Grashalm wächst hier wie er will, alles ist gebügelt und gemäht.
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Ortseingang zum Dorf Simuna: Für 15.000 € gibts hier diesen Hof mit Land drumherum, erfahre ich hier beim Schnak am Kaufladen.

Liebe Grüße, nach weiteren 30 km „Sonnenwanderung“ aus dem Holzfällerdorf Avinurme. Gleich kaufe ich noch kaltes Bier, suche dann in der Nähe eine schöne Wiese….. für die klare Nacht unter nordischem Himmel.

Väike-Maarja ( 4.800 Einwohner )

10 Stunden Schlaf waren echt nötig. So platt war ich vom Tag zuvor, wachte einmal um Mitternacht auf um Pipi zu machen…. staunte nicht schlecht über den dämmerigen Nachthimmel.
Holla die Waldfee, was bin ich weit oben im Norden: Am Horizont nach Norden leuchtet Azur-Silbrig die Mitternachtssonne des Polarkreises…
Ich erinnere mich an eine Tramp-Tour damals zum Nordkapp, wo es um eins in der Nacht Taghell war… schlafen nur mit Schlafmaske möglich, – oder nicht zu knappen Promille …

Weiter Nördlich aber geht mein Wanderweg erstmal nicht; von Tallinn bis St. Petersburg komme ich am höchsten, ziehe dann nach Moskau wieder südlicher ab. Erst in einigen Jahren, wenn mein Weltweg Nordamerika durchzieht, wandere ich noch weiter nördlich bis Alaska….

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Kurz vor dem Dorf Porkuni spreche ich mit einer mindestens 300 jährigen Kiefer.... selten sehe ich solch wundervolle, alte Bäume.

Dank einer 1-Euro Handykarte bin ich wieder telefonisch erreichbar, bekomme somit promt einen Lagebericht von FREUND GEORG auf dem Jakobsweg; er ist wieder glücklich, schafft es die Schmerzen an den Füßen mit Fassung und der entsprechenden Normalität zu nehmen.
Unter „Wanderhelden“ (wir gingen bereits 2011 den Jakonsweg 900 km durch Spanien zusammen) tauschen wir uns aus, prahle etwas mit meinen völlig beschwerdefreien Tretern & Beinen, und beruhige mich zu wissen, dass Georg heute Abend (Montag) in der Stadt Metz ankommt, dort zwei Tage im Ibis-Hotel relaxt.
Davon kann ich nur träumen, oder jemand lädt mich wieder umsonst irgendwo ein, träumend an Tallinn erinnernd …  und erreiche erstmal eine weitere Stadt.
Wieder eine Kleinst-Stadt, aber mal mit perfektem Gasthof, alles rustikal in Holz und wieder russischer Pop vom Band. Für 5,50 kann ich nicht wiederstehen, schlemme ein leckeres Mahl und gönne mir jetzt beim posten meiner Geschichten einen Kaffee dazu.

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Wer kennt Väike-Maarja? Immerhin dürften dass 4.800 Leute auf Anhieb; die leben nähmlich hier. Ganze drei Stunden brauche ich erstmal für alles: Essen, einkaufen, www.wanderleben.com versorgen 🙂
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Hier auf dem Lande, abseits der Meeresküste ist es noch echt billig in Estland: 5,50 kostet Suppe, Salat & Gulasch. Die Cola für 80 Cent.

Sonnenwandern …

Was freue ich mich auf die einsame Straße von Jäneda hinaus nach Tapa… noch kürzlich ging ich hier, aber ohne Wanderwagen zum abgelegenen Bahnhof, dort in den Zug nach Tallinn (Flughafen). Und nun wandere ich wieder hier.

Zum Glück bin ich damals nicht bis Tapa gezogen, wollte ja eigentlich dort den Wanderwagen lassen, weil Tapa ja eine Stadt ist und womöglich bessere Konditionen zur Zwischenstation meines wuchtigen Gepäcks bietet.
Von wegen, welch ein Glück zuvor in Jäneda geblieben zu sein; Tapa wirkt erst gewohnt trist, mit weißgrauen Sozialbauten, vier Stock hoch und selbst beim gleißenster Sonnenflut immernoch trostlos.
Komischerweise sind im jedem Fenster aber Gardienen, oder sonstige Lebensspuren, also wohnen hier auch viele Leute.

Die tummeln sich teils besoffen im Park zwischen der Jakobi Kirche und Bahnhof, die einen wie betäubt sitzend auf der Bank, die anderen laut erzählend fast schon hyperaktiv gestikulierend.
Ich halte Abstand und kaufe erstmal im zentralen Kaufhaus ein. Für 12 Euro füllt sich die Wanderwagen-Vorratskammer komplett voll.

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Tapa (5.200 Einwohner) war einst mal doppelt so groß. Heute nur ein verschlafener Eisenbahnort den ich mir schon etwas lebhafter vorgestellt habe.

Lust auf ein Kaffee?
Lust auf Internet? (Mit Mama sprechen)

Keine Chance, ich streife im Ort umher und finde nur eine winzige Pizzeria ohne Räumlichkeit, aber Stadtauswärts doch noch eine Kneipe.
Russischer Pop und hölzerne Einrichtung lassen ahnen eine Mini Russendisko gefunden zu haben. Auch ein einsamer, sehr offensichtlich komplett alkoholisierter Typ bereichert die Szenerie.
Der ist gerade noch in der Lage von der Holzstufe aufzustehen und mich anzulallen, „American?“
Abgelenkt mein WiFi zu generieren sage ich schlicht „yep“ und kann gerade noch ausweichen…. ein wirrer Hieb seines dünnen Armes unter schimpfung „Russia down“ … „America fuck Russia“ wollte mich treffen, doch die ruppigen zwei Frauen hinter’m Tresen sind blitzschnell zur Stelle; „Sasha“, so verstehe ich, soll sich ganz schnell vom Acker machen und die ausgezehrte, dünne Gestalt war plötzlich verschwunden.
Uff, ein Vorgeschmäckle auf Russland?
Wir werden sehen …

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Brachte mir Glück: Offenbar die letzte Spur des heiligen Jakobus hoch im Osten... gut 5000 km entfernt von Santiago, finde ich noch eine "Jakobi Kirik" - eine dem Pilgerapostel geweihte Kirche in Tapa. Und: Noch dabei, mein Jakobsweg-Shirt, seit ebenfalls 5000 km.
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Weit hinter Tapa entdecke ich in der Leere des platten Weidelandes längst vergessene Klostermauern mit altem Turm.

Traumhaft, es weht ein sanfter, warmer Wind und die Sicht ist weit. Ich achte stets darauf nicht immer die Arme und Beine frei zu machen, damit nicht wieder die Haut gebraten, tagelang schmerzt…

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Typisches Kleindorf, wie Moe mitten im Nirgendwo; ohne Kirche, ein paar sowjetische Sozialbauten und dessen Nutzgärten außen vor.

„Hotel California“ von den Eagles spiele ich im Geiste, kenne das alte Lied auswendig seit meiner Kindheit und wandere meinen Traum; vielleicht schaffe ich es wirklich bis „California“ …. noch gut 55.000 km bis dahin (hab die Welt-Wanderroute bereits gut ausgetüftelt)

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Pause im Blumenmeer. Soviel Löwenzahn habe ich wirklich noch nie gesehen....
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Und letztlich doch noch eine dankbare Erfrischung für die heißen Füße: Sprudelndes Wasser, dahinter wartet ein längs aufgegebenes Bauernhaus auf Erkundung; ca 200 Jahre verwittern die Mauern. Das Holzdach gibt es schon garnicht mehr.

Abseits der total verlassenen Landstraße (von Saksi nach Porkuni) entdecke ich einen steilen Pfad, hinauf auf ein sattgelbes Rapsfeld am Rande des allgegenwärtigen Waldes.
Ein perfekter Platz, gut geschützt auf weichem Gras für die Nacht.
Voll und üppig gefüllt auch die „Speisetasche“ vorn am Wanderwagen.

Jetzt muss ich mich nur noch an die mittlerweile Milliarden geschlüpften Mücken gewöhnen, esse, trinke, genieße, aber erlege insgesamt 14 Plagegeister mit bloßer Hand, kassiere nur drei Stiche und verfüttere sie am Ameisenhaufen, 10 Meter vor dem Zelt.

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Ein steiler Weg führt von der ruhigen Waldstraße ca 30 Meter hinauf.... den Rucksack packe ich aus dem Wagen am Rücken, so schiebe ich den Karren leichter hinauf.

Wie ein Traum …

… fühlt sich das an.
Irgendwie nicht echt; erst noch am Tresen in meiner Bar, am kuscheln mit Mamas Haushund „Else“, die Unterhaltung mit dem kleinen Ben (6), dem jüngsten Familiennachwuchs im heimatlichen Recklinghausen. Und nun, nach sechs Tagen „Heimatleben“ bin ich wieder hier in Jäneda, dem fernen Dorf im Irgendwo.

60 km abseits von Tallinn (Estland) wartet der Wanderwagen in der Rumpelkammer dieses Gasthauses, wo ich schonwieder kostenlos „Gast“ sein darf, eben nicht „Kunde“ – bekomme ein Zimmer, Dusche und Frühstücksbuffet, natürlich alles mit WiFi.

Gestern hatte ich fast weinen müssen, wohl vor Freude in der Dichte all der Emotionen, einerseits wieder die geliebte Heimat zu verlassen, anderseits vor greller Freude wieder zu wandern, schlafen im Wald…

Also, weiter nach Osten, noch über 200 Kilometer bis Russland. Heute erreiche ich Tapa nach 20 km, danach nochmal zehn Kilometer bis in den Wald. So der Plan des Tages.

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Dank Ryanair kann der Wandersmann sein Zuhause besuchen; 69 € für hin & zurück machen es möglich. Landeanflug auf Tallinn in ca 4 km Höhe.
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Wieder zu Gast in Jäneda, eingeladen im Gasthaus für Lau. Hier war auch der Wanderwagen zwischengelagert wärend meiner Pause Daheim.