Holzfällerdorf Avinurme (1.400 Einwohner)

Ost – Estland durchwandere ich nun, und ich habe Zeit; bis zum 01 Juni kann ich es noch schaffen einen Schlenker zum Peipsi See einzubauen.
Auf dem Weg dahin kratze ich eifrig die vielen Mückenstiche von Simuna wund, 30 Kilometer hab ich dafür ja Zeit.

Wald ohne Ende, zwar immernoch eher Plantage in durchforsteter Reihenpflanzung, aber mit etwas Phantasie sehe ich nur noch Natur pur; Estland überzieht 55% Wald, der allerdings fast ausschließlich (wie überall in Europa) als des Menschens Nutzwald dient.
Jeder Meter alle paar Jahre aufgeräumt, echte Wildnis Fehlanzeige. Aber dennoch, Elche und ja sogar Bären (letztere in winziger Anzahl) fühlen sich im geometrisch korrekten Wirtschaftsforst einigermaßen wohl, verlieren sich in den menschenleeren Baumkolonnen, bis irgenwann, so alle paar Jahre wieder die Motorsägen den Sektor systemathisch daran erinnern, dass die Ära des unberührten Urwaldes, wirklich vorbei ist. Dann flieht alles was noch übrig ist an Fauna, aus der korrekten Flora.

So landet er dann, der maßgeschneiderte Baum, als aufgearbeiteter Stamm, abgemessen in einem der Sägewerke von Avinurme, dem einzig wichtigem hier, wovon die wenigen Bewohner dieses platten Waldlandes leben.
Es läuft gut, Holz ist gefragt europaweit vor allem wenn’s billig ist, und bei den neuesten (import) Maschienen, holländischen sowie schwedischem Know How’s für alle Bereiche moderner Land/Forstwirtschaft, bleibt der Flächenstaat Estland konkurrenzfähig.
Im Dorf Avinurme erzählt mir Holzwaren Verkäuferin Ludmila sowas gern; ich schlürfe gleich zwei Cappuccino dort, zahle aber nur einen, weil meine Wanderleben Story offenbar Symphatie schafft.

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Alles Holz, alles Handarbeit. Tolle Qualität und garnicht teuer. Das Holzladen - Cafe in Avinurme.
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So viele Dörfer, aber jedes einzigartig. Avinurme im Osten von Estland.

Drei Stunden lasse ich mir Zeit die Beine zu entlasten, walke aber anschließend noch ganze vier km, vorbei wieder an Sägewerken, der riesigen Blechhalle einer Metallschmiede, und strande im Schutze einer hölzernen Ruine fast am Straßenrand.
So ruhig wie es hier ist, zelte ich einfach offen neben dem Haus auf ein Stück Wiese. Im Wald mag ich nicht mehr so gern, dort, im Schutze der Bäume schwirren Milliarden Mücken jetzt.
Im leichten Wind offener Landschaften, scheuen sich die Plagegeister mehr, weshalb ich die Strategie bei der abentlichen Suche nach einem Lagerplatz ändern muss.

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Mein Haus ist kleiner, dafür aber intakt; Bauernhausruine und Villa Wanderleben.

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