Wat krabbelt da in mein Bett ???

Kribbel krabbel…. es ist wieder soweit: Der lange Winter weicht allmählich und schon kommen sie aus allen Richtungen; Zecken groß wie Hühner wollen sich an meinem Blute laben.

Nix da, eine nach der anderen opfere ich auf dem Titan – Altar meines Metallbechers auf dem die fiesen Blutkrabben knackend mit dem dumpfen Messergriff zerstampft werden….
Mache ich nicht gern, aber wie krieg ich die sonst los.

Acht Viecher habe ich an diesem Abend ins Zecken-Jenseits schicken müssen.

Am nächsten Morgen erforsche ich gründlich meinen Leib, finde keinen vollgesaugten Eindringling, rechne aber damit, weil irgendeine winzige Bluterbse kommt immer durch …. Frühsommermeningoenzhepalitis und Borelien (richtig geschrieben?) aber hoffentlich nicht.
Daheim muss der Dock mal nach dem Rechten schauen.

(Bilder: Nette Gesellschaft beim abendlichen Bier am offenen Zelt. Morgens bei frostigen zwei Grad die Körperpflege die nötig/möglich ist)

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Bye Litauen….

… und lieben Dank für das tolle Kraftpaket voller Leckereien obendrauf.

Ja, das haben mir die lieben Mädels vom „Sucre Cafe“ spendiert, begeistert vom „Walking around the World“ – und das auch noch in ihrem kleinen Lithuania….

  • Grobe Speckwürfel mit Sauerkraut in Teig gebacken, Kirschsahnecreme ebenfalls in Teig gerollt und feine Milchbrötchen sollen mich für die letzten 23 km stärken. Eine Spende fürs Wanderleben.

Naja, aber dieses Biržai ansich hatte mich mehr erwarten lassen; als traditionelle Bierbrauerstadt kommt das verpennte Nest heute kaum noch rüber. Längst vorbei dürften die Zeiten voller Bierstuben und rauchender Brauereischlote sein…. finde nur noch einige „Baras“ im seichten Stadtbild, die schlichten Saufkneipen fürs rauere Volk.

Der See an dem die Kleinstadt liegt, macht aber Freude. Im Sonnenschein umwandere ich ihn weiter hoch nach Norden…. bis ca 5 km irgendwo zwischen den grauen Dörfern, wo etwas Wildnis meine Nachtruhe sichert.

(Bilder: Die Supergirls vom Sucre in Biržai, Essensspende, meine letzte Nacht in der Wildnis Litauens, die ewigen Fischkonserven…. wenn man eben keinen Kocher hat…..)

400 km „Camino Lituano“ fast geschafft.

Zum WiFi & Cappuccino im Cafe „Sucre“, dem einzigen online Fleck in der 14.000 Einwohnerstadt Biržai.

Wieder eine Barockkirche und Plattenbauten, die etwas niedriger ausfallen will ich vielleicht später noch näher beschreiben. Ansonsten ist’s eben Sonntag (etwas Sonne, 8 Grad) und das Kaff döst vor sich hin.

Ich genieße noch die warme Raumluft, esse billiges Gebäck und ziehe nachher aus dem Ort raus unter die Tannen. Ob ich in der „Bierstadt“ Biržai noch ein frisch Gezapftes im Ort bekomme, oder erst am Zelt später aus der berüchtigten Plastikpulle, weiß ich jetzt noch nicht…. reine Männergedanken eben 🙂

1870 Kilometer insgesamt hab ich nun auf den Sohlen. 400 allein im kleinen Litauen (wegen des Umweges nach Vilnius) und zusammen mit dem Jakobsweg schon 7120 Kilometer mit dem einen Wanderwagen.

(( Tagesausgaben: 12 € rein für Essen & Trinken, manchmal einen Caffe für’s WiFi // Einnahmen des „Unternehmens Wanderleben: 423 € …. hierfür ein riesiges DANKE. – 300 sind allein von einem guten Freund. Bitte schenkt mir weiterhin Kilometer; 50 Cent pro km – Russland ist verdammt weit – ))

Morgen walke ich noch die letzten 25 km über eine verlassene Landstraße bis zur Grenze hoch nach LETTLAND.

Welche Zukunft im „Land ohne Zukunft“?

… Wie es noch fast 400 km zuvor in der Touristeninfo hieß; „Lithuania is without future“ … ein starkes Stück sowas ausgerechnet in der Touristen-Information zu hören.

Klar, die wohl erst 20 Jährige dort gehört wie 50% ihrer Altersgenoss(innen) zu der Auswanderwilligen, jungen Generation.

Ob nun Valdas, Silvija oder Asta, sie alle haben irgendwas mit dem Ausland zu tun oder planen weg zu gehen…. Litauen, doppelt so groß wie Belgien, oder gleichauf mit Bayern, verliert aber weiterhin dramatisch seine Menschen; 2,88 Mio verteilen sich noch in den Weiten, flachen Land.
2,1 Mio sollen es einer Prognose nach in 34 Jahren werden, also ganze 800.000 weniger, das wäre so als verlöre Deutschland 20 Mio Einwohner.
Allein in England leben 130.000 Litauer, in den USA 40.000 und in Deutschland immerhin 30.000.

Also was bleibt? Alte. Auf dem Land jene die nur ihre eine Sprache können, und dort einfach bleiben. Ja, besonders auf dem flachen so weiten Land wo ich über Tage den Wanderwagen endlos monoton an kilometergroße Äcker vorbei schiebe, liegt wohl die Zukunft dieses Landes: Ackerland so weit das Auge reicht, Boden der vor allem Weizenbau kultiviert, Viehzucht und auch Holz hatt dieses Land satt zu bieten.
Hier draußen sind zwar die Löhne mikrig, in den grauen Dörfern herrscht Langeweile in den Pausen zwischen all der Arbeit; Litauens darbenden Dörfer und Höfe fehlt es an Arbeitern, die wenigen Jungen ziehen in die Stadt oder saufen sich doof und dusselig im Dorf.
Getreide exportiert das kleine aber dennoch weite Agrarland mittlerweile in eine immer hungriger, größere Welt; Bevölkerungswachstum in Indien oder China verlangen immer mehr Nahrung. Litauen hat sie, nahezu dreimal mehr als es selber braucht.
Somit ergibt sich für all diese immer leerer werdenden Flächenstaaten im fernen Osten Europas die Chance als Kornkammer zu bestehen, eine zukunftsfähige Dorfkultur zu wahren.
Somit sind es eben wieder die Dörfer, wo es so billig Platz, Haus und Hof gibt, wo die EU Tonnenweise investiert um den Zerfall zu bremsen, wo es eigentlich genug an allem gibt, außer eben auch an Langeweile. Das treibt eben die letzten Jungen in die Ferne…. tausende Euros im Monat, Fernreisen, Shoppingmalls, …. das gibt es hier Draußen eben nicht.

(Bild: Vabalninkas, das einzige größere Dorf mit Laden, Kirche und „Kavine“ auf meinem 65 km langen Weg von Panevezys nach Biržai hat heute nur noch 980 Einwohner. Früher waren es mal 1500)

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Wäschetrocknen unter Fichten.

27 km später war es dann wieder soweit: Wald ohne Ende, also leichtes Spiel ein sicheres Plätzchen zum Wildcampen zu finden.

Hätte noch weiter gehen können, aber es drängt mich die noch feuchten, frisch gewaschenen Klamotten zu trocknen. Zusammengepackt im Wanderwagen geht sowas nähmlich garnicht; die Sachen fangen nach zwei, drei Tagen an zu muffen, brauchen also unbedingt frische Luft, in Panevezys bei Peter hat dazu die kurze Nacht nicht gereicht.

Manchmal hatte ich einfach nie Zeit einzelne Kleidungsstücke lang genug aufzuhängen, besonders im Winter, kurze Tage, wenig Sonne…. kostete mir sowas Socken und Unterwäsche. Die faulten im feuchten Knäul über die Tage vor sich hin…

Fichtenzweige zei Dank lasse ich Unterhosen & Co einige Stunden atmen. Um sieben ist alles gut und trocken und ich agbefüllt mit anderthalb Liter Bier.

Ein besinnlicher Abend in guter Waldluft mit etwas Waschküchencharakter.

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Litauen, lecker, lecker ………..

(Panevezys – 95.000 Einwohner)

Unglaublich: Die beiden laden mich komplett ein… ich darf noch nicht einmal das Bier spendieren; Litauen ist soooo gut zu mir, Peter & Asta zeigen was hier auf den Holztischen kommt: Pilzcreme im „echten Brotkorb“ – eine echt litauische Art feine Creme-Suppen zu schlemmern, die mit der Zeit ins Brot einzieht und soooo lecker ist….

Weitere Kalorien Anschläge sind diese gefüllten Klöße, genial deftig und sehr (!) reichhaltig. Gefüllt mit Hack, damit nicht genug; Sauerrahm mit öliger Speckeinlage … alles verrühren und dann wirds noch deftiger.

Alles ganz traditionell natürlich mit dem Lebenselexier, dem litauischen Bier. Diesmal ein weißes vom Fass, ganz, ganz frisch, ja etwas zitronig sogar.

… Der Bauch spannt, ich bin voll…. das reicht wohl für die nächsten 2000 Kilometer, uff …

Couchsurfen bei Peter & Asta.

(Panevezys – 95.000 Einwohner)

Endlich wieder eine Couch, endlich wieder Leute; Peter aus Italien (Südtirol) kann sogar Deutsch, doch wir reden auf Englisch, – so wie die beiden überhaupt, als Italo-Litauisches Paar hier in Panevezys.

Ja wie kommt denn ein Italiener hier hin ???

Na, wie so oft wenn Fremde an die unmöglichsten Enden dieser Welt der Liebe wegen gehen …. Asta ist hier einheimisch, Peter folgte ihr in die Provinz, lebt sogar nicht schlecht als, ja rate mal, als IT Fachmann.

Da brauch er vom „Homeoffice“ nichteinmal mehr die Wohnung verlassen. Will er auch nicht; er kann schon drei Sprachen perfekt, aber litauisch, das kommt dem chinesischen gleich…. kann man mal nicht von heut auf morgen lernen.

So, jetzt sind auch mal meine Klamotten fällig. Ab in die Waschmaschiene damit und trocken sind die jetzt, am nächsten Morgen zwar immer noch nicht, aber SAUBER.

(Bilder: Peter & Asta im Shoppingcenter von Panevezys, meine Gastgeber hier. Wilde Tiere am Bett, bin ich gewöhnt, nur ist es heut Nacht mal kein Wildschwein sondern Reiesenhund „Muffin“)

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Panevezys (95.000 Einwohner)

20 km fernab vom taunassen Flussufer bin ich stolz nun die kleinere Großstadt Panevezys erreicht zu haben.

Jetzt versinke ich im Sessel des super angesagten „Cosmo Cafes“ in der überschaubaren Innestadt und finde es komisch dass ich den viel zu laut dröhnenden dance House Beat sogar genieße.
Wohl im Ausgleich zum tagelangen Fernwandern in aller Stille.

Panevezys, eine der fünf Großstädte des Landes ist eigentlich keine mehr; auch hier purzeln die Einwohnerzahlen nur so hinunter; einst 135.000 lebten hier, Plattenbauten umringen – wie überall im urbanen Litauen, die Kernstadt, die fototechnisch schwer zu erfassen ist, weil kaum Markantes im bildlichen Zusammenhang steht.

Dem demographischen Abschwung steht krass eine völlige Umwandlung im Wohnverhältniss gegenüber, die klar sichtbar wird mit all den wild durcheinander gebauten, chiken Familienhäusern an den scharf definierten Stadträndern der Plattenbauten.
Modern, dynamisch und kantig fügen sich die neuen Familienheime ein, in eine insgesamt dermaßen damit überforderte Infrastruktur, das nackte Erdpisten als einziger Zuweg zu den neuen Vierteln hier als traurige Normalität gelten.
Die Kommunen sind völlig überfordert mit dem privaten Wildwuchs im Bausektor, genemigen aber jedes Vorhaben um eben die Wirtschaft zu beleben, die flüggen Einwohner aus den Plattenbauten im Stadtgebiet zu halten.

Am Fluss mit den Biebern.

Zelten an der „Upyte“ so heißt hier der Fluss mit dem braunen aber klaren Wasser. Gerade noch gut genug zum Waschen, rutsche aber ab und sinke mindestens einen halben Meter in den eckligen Schlik …. Wassermaden, Stabwanzen und sonstiges Getier in Insektengestalt umzingeln mich.

Jetzt bin ich völlig versifft, fülle mit reichlich Zorn zwei leere Pullen mit dem Wasser was wie Schwarztee aussieht, reinige mich weitab dann auf der Wiese. Winzige Nacktschnecken kleben an meinem Fuß ….

Nachts planschten hier wesentlich freudiger die Bieber im Nass, lassen sich wie Kartoffeln einfach ins Wasser plumpsen sobald ich mich im Zelt bewegte. Zu lang dauerte es bis zwei Reisverschlüsse offen waren, den Blick ins fahle Mondlicht freigaben und die flinken Kartoffeln längst abgetaucht oder sonstwo verschwanden.

Camper Romantik pur, erst recht mit der immer gleichen Plörre von litauischen Kartoffelsalat aus der Konserve; eine grausige Qualität und schlimmer noch: Es gibt einfach nix anderes in den Kaufläden…….. also tagtäglich kalte Kartoffelwürfel in tumbe Mayo, dazu eine antidelikate Fischkonserve.

Ein Bier dazu aus der maxi-Literflasche und der Wanderleben-Feierabend ist perfekt.

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40 km später ….

… bin ich garnicht so fertig als ich zuvor dachte.

Erst ein frischer, nordisch-sonniger Morgen und weite Kilometer durch ein leeres aber permanent durchpfügten Land; Litauen ist Agrarnation durch und durch. Pferdedroschken unterstreichen malerisch dieses Feeling..

Dennoch muss es natürlich wieder Salzsäure vom Himmel regnen; ärgerlich trampel ich die letzten 10 Kilometer in voller Plastik-Gummimontour ab bis die angepeilten 40 km voll sind.

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