Couchsurfen, Mamas deftiges Essen, Büffel, – Bialystok

Und raus aus dem Hostel; bedrohlich sammelten sich all diese Kerle im Flur, fluteten das kleine Haus und seine Zimmer, ….alles ganz junge aber massige Hünen, platzsuchend, alle Steckdosen sind sofort voll mit Handykabel, gebrabbel überall, alles polnisch.
Ich fand herraus, dass diesen Samstag ein Konzert angesagt ist, und die Prognose dass jenseits um Mitternacht der Sturm auf die engen Doppelbetten von unzählige, besoffene Bauernsöhne jede Ruhe in jeglicher Form zerstören wird.
Also dann, Wanderwagen zusammenpacken und eine späte Einladung folgen, ich ziehe rüber in den Plattenbau, vier km zu Marcs Familie.
Den hatte ich zuvor auf Couchsurfing angeschrieben, ob wir vielleicht auf ein Bier zusammen kommen. Ich wollte mehr erfahren von der Stadt, bestmöglich von Einheimischen.
Schnell war ich sehr einheimisch in Bialystok, Marcs Papa holt mich + Sack und Pack vom Hostel ab, und Marcs Mama macht richtig deftig Essen…..
Die Eltern sprechen kein Englisch, Marc hingegen gut, er lebt schließlich in London und ist auf Heimatbesuch hier. Eben auch einer im Wanderleben, erst London, dann Kolumbien, dann Ideen in Venezuela Land zu kaufen, währe jetzt zu Kriesenzeiten billig dort….. und so weiter… mann, die Polen sind einfach überall in der Welt staune ich.
Während der massige Kater Benek sich in meiner Jacke gemütlich macht, räume ich so zimlich alles an Klamotten in Richtung Waschmaschiene. Jaaaaaa, die ollen Sachen sind bald wieder sauber.

Hauptthema: Der Jakobsweg. Im Katholischen Polen immer mehr in Mode, was letztlich mich und Marc bei Couchsurfing zusammenbrachte.

Und: Was trinkt man im „Buffalo State“ Podlachien? – ZUBR – was Büffel heißt, ein echt kräftiges Bier, oder eben den Wodka mit gleicher Aufmachung.

Büffel sind auch heute am Sonntag ein Thema; ich bleibe noch ein Tag länger hier, gib der Einladung Marcs nach und ziehe heute noch nicht weiter.
Ja, und was ist das? DIE SONNE SCHEINT (!?)

Der kleine Bialystok Zoo zeigt einheimische Tiere, eben auch diese Wisente, Europas einzige Büffelart, fast damals ausgerottet aber heute wieder in der Wildnis zu finden, im 80 km entfernten Urwald-Nationalpark an der Grenze zu Weißrussland gelegen. Ca 800 bis 1100 Kilo wiegen diese Kolosse.

Kontrast gibt es noch mit etwas Barock am Branickich Palast aus Zeiten der Stadtgründung vor über 350 Jahren, blauer Himmel und Wintersonne satt. Immernoch fühlt sich hier nichts Frühlingshaft an…. hier so weit im Osten.

Marc (Bild: erste Person von links am Esstisch) hat mir eine tolle Zeit verschafft, doch noch bekomme ich die Gastfreundschaft miterlebt und treffe noch weitere lustige Einheimische in der angesagten Kellerkneipe „Knay-Pub“ (Bild: Michaeł/Michau glaubt einfach nicht, dass ein Pint Guiness in Irland fünf Euro kostet.)

Also, morgen aber ziehe ich wieder weiter, ersetze die so gemütliche Wohnung (80 Quadratmeter, 5 Zimmer) wieder mit meinem Zelt, und bete dass es doch so sonnig bleibt….

Beten dürfte gerade in Bialystok einfach sein: Die Stadt gilt als „City of God“ – Marc erzählt, es gebe hier mehr Kirchen als Kneipen.

Podlasischer Zungensalat.

…. Keine Ahnung was da steht, aber sowas wie Salad erkenne ich noch, lasse reichlich das (lithauische) Bier zapfen für je 2€ der Liter, erlaube mir heute Suppe und Salat, bekomme dann erstmal Zunge…. naja, ist eben DIE einheimische Leichtkost hier, vielleicht etwas zu chick mit modischen Ruccola aufgestylt…

54 Zloty kostet die Nummer, also gerade mal 12 Euro.

Drei große Bier, zwei Gerichte. Überleben kann man hier schon, doch lebe ich dennoch über meine Verhältnisse wenn ich sowas mache mit lediglich 300 Euro für die nächsten 4000 km – oder sechs Monate ?
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Wanderleben – Großstadtleben.

Bialystok ist erreicht, und ja… richtig groß ist sie; Kilometer weit versuche ich sowas wie ein Zentrum zu entdecken, der kalte Wind bläst ungastlich ins Gesicht, die kommunistischen Häuserblocks wirken ganauso kühl.
Bialystock ist eine eher unbekannte Größe in unserem Nachbarland, wohl auch weil so abgelegen tief im Osten als letzter Posten vor Weißrussland. Weißrussen leben hier auch noch als Minderheit, die Mentalität überhaupt kommt mir mehr und mehr „slavisch“ vor.
Irgendwann finde ich über all die breiten Straßen dann ein Stadtzentrum, ganze fünf Kilometer urbanes Wandern hats gebraucht, rolle mit dem Wanderwagen durch eine überschaubare Fußgängerzone und finde dieses Holzhaus mitten zwischen den Plattenbauten, das „Hostel Podlasie“ – jetzt ist Feierabend angesagt.
Total allein bin ich nun in diesem Acht-Bett Zimmer, welch ein Luxus, und das für 33 Zloty (7€) … naja, Bialystok ist eben nicht Barcelona; leer und günstig.
So ganz leer ist die Stadt ansich nicht wirklich: Mit 298.000 Einwohnern ist Bialystok das totale urbane Zentrum im polnischen „fernen Osten“.
EU Gelder und sonstige Förderungen wurden reichlich reingepumpt; die Wirtschaft floriert, wenn auch auf niedrigen Niveau; 33% der Kaufkraft innerhalb der EU erreicht Podlachien, ein aufgeblasenes Einkaufszentrum, die Galeria Jurowieka wurde neulich mutig aus dem Boden gestampft, leer und weit sind die Flure dort, aber alles glitzert und lediglich vorm Mac Donalds reiht sich eine Schlange aus Schülern.
Ich bin schnell durch; die Basillika, ein Neugothischer Bau der letzten 200 Jahre sowie wenig Historische Blickfänge lassen mein Bild auf einen Kilometer Fußmarsch entlang der Lipowa, der zentralen Flaniermeile, über Bialystock komplettieren.
Mindestens drei Tage will ich bleiben, Zeit haben und Leute kennenlernen, Bialystok verstehen.

Etwas krank, (Stirnhöhlenentzündung) pausiere ich viel im Hostelbett. Draußen nevt das permanente Dauergrau.

Ich scype viel mit Mama und Freund Georg, lasse mir das schlechte Gewissen ausreden, mal echt deftig Essen zu gehen; im „Babka“ finde ich echte Kuchina Podlasie, aber auch die Küchen der Nachbarschaft: Russisch, Weißrussisch, Litauisch und Jüdisch kommt hier auf den rustikalen Tisch.
Letztres war hier mal ganz angesagt: 60.000 Juden lebten vor 80 Jahren hier, die halbe Stadtbevölkerung damals, bis die deutsche Wehrmacht nahezu alle deportierten; nahezu keiner hatte diese faktische Auslöschung der Stadt überlebt.
Heute leben fast keine jüdischen Menschen in der Stadt, lediglich eine Gedenktafel erinnert an die große Synagoge von Bialystok, – und eben dieses Gericht auf der Speisekarte im Babka mit dem Davidstern.

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Noch eine Nacht Draußen.

… Und bald habe ich ein echtes Bett.
So zumindest die Theorie; in 24 Kilometern bin ich endlich wieder in einer Großstadt: Bialystock, die podlachen-Metropole soll mindestens drei Tage Pause verheißen.
Aber die Geschäfte laufen schlecht: Ich bin sauer, mal wieder über „Couchsurfing“ der berüchtigten Gastfreundschafts Plattform im Internet.
Keiner der fünf Leute die ich mühselig während meiner kurzen WiFi Sitzungen in den Cafes der wenigen Kleinstädte meines Weges, angeschrieben habe, antwortet. Das stellte ich genervt gestern in Lapy an meinem Tablet-PC fest.

Alle Mühe und digitale Bettelei vergebens, Freund Georg ruft mich billig über Scype-Telefonie am Straßenrand an und bucht mir ein Bett im „Podlasie Hostel“ für sieben Euro (25 Zloty) die Nacht im 8-Bett Zimmer.
Das tut jetzt echt gut, gerade jetzt da die Straße nun wirklich schlimm geworden ist; 20 Kilometer ohne Seitenstreifen im Dauerwettkampf um jeden Zentimeter mit den 40 Tonnern. Nieselregen, ätzend kalter Wind und atemberaubende Überholmanöver die mich oft fluchtartig ins Gebüsch abseits der Höllenstraße flüchten lassen.

Aber ausgeruht bin ich gut; die Nacht auf der Wiese war lang und kuschelig genug. (Bild) Die letzten 24 Kilometer nach Bialystock sollen noch deftig Kraft verlangen….

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Ein Bett in Lapy?

Oder wenigstens eine Garage….
Dort würde ich gern mal sowas wie ein festes Dach über mich haben wollen.
Zelten ist wunderbar, aber diese ewige Nasskälte, alles trieft und manchmal bleiben die Finger stundenlang eiskalt… da nützen auch die klammen Handschuhe nix…
Lapy wäre der nächste größere Ort, also schon eine Stadt mit 16.000 Einwohnern wo es vielleicht klappt dass mich jemand aufnimmt…
Interessant: die ersten Kilometer durch podlachisches Gebiet sind dann schon ml ganz anders als gedacht von Polens ärmster Region: Perfekte Straßen, jetzt auch teils mit neuen Leitplanken erstecken sich mir unter den Sohlen. Was das so reiche Masowien nicht bekommt, sahnt das arme, bäuerliche Podlachien um so mehr ab, was die EU – Fördertöpfe zur Sanierung rückständiger Regionen ausschütten.
Während Masowien selbst seine abseits gelegenen Landstraßen notdürftig flicken muss, bekommen die podlachischen Bauern feinsten Asphalt und damit nicht genug, super Konditionen machen das Häuserbauen hier Polenweit am billigsten; somit staune ich von Dorf zu Dorf über solch prächtige Neubauten wie sie in den „reichen“ Gegenden (Großpolen, Masowien) nicht oft gibt. Dort hatte ich ja schon über die oft halbfertigen Landhäuser die unverputzt geziegelt ein Bild wie aus Rumänien bieten.
Ganz anders hier in Podlachien, wo ich bisher die höchste Dichte an schiken Neubauten bestaunen kann.
Ok, sicher liegt das an den wohl sehr billigen Grundstücken hier, denn die Dörfer haben Not und Bange sich langfristig aufzulösen. Auch hier, und ganz besonders hier, steht die Gesellschaft vor ein nahezu unlösbares Problem der Überalterung.

In Lapy angekommen, mekrt man davon erstmal nicht so viel, die kleine Stadt wirkt geschäftig, überall gibts gutaussehende, junge Leute, oft etwas lapidar in Trainingsanzügen unterwegs, zu sehen.
Auch an den „Skleps“ den oft winzigen Läden mit rostigen Gittern meist nie einladend, wo die Aufschrift „Alkohole“ das schmale Sortiment entscheident ergänzt; dort lungert oft die arbeitlose Jugend herum, findet offenbar das kaputte Pflaster mit all seinen Pfützen attraktiver als die Wohnung nebenan im Plattenbau der 50er Jahre, die wohl geteilt mit Mama und Papa zu eng sind.
Aber auch viele Alte ersaufen ihre Langeweile mit dem was hier an jeder Ecke billig zu haben ist: Wodka und Bier, ein Lebenselexier woran ich mich in Richtung Osten immer mehr gewöhnen muss…

Bild: Wohl das Wahrzeichen von Lapy (16.000 Einwohner): Diese Kirche gleich am Ortseingang. Sakrale Neubauten sind ein spezielles polnisches Phänomen, da seit der Wende in den 90er Jahren überall gewaltige Betonkreationen im Auftrag des lieben Gottes, hochgezogen wurden.

Kontakte aber schaffe ich hier mangels Polnischkentnisse keine zu knüpfen. In zwei Lokalen bettel ich etwas um Obdach, hab aber das Gefühl mann verstehe nicht wirklich was ich so will, der Wanderwagen gibt zudem Rätsel auf, und ich bekomme lediglich eine Telefonummer von einer Zimmervermietung.
Also raus aus dem Ort duchs Nieselwetter, Proviant im Sklep aufgefüllt und zwei Kilometer weiter baue ich das nasse Zelt unter einer Kiefer auf einer einsamen Wiese.

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Masowien, eines der Herzen Polens.

… Nachträglich noch ein kleiner Bericht über das Land Masowien, was ich zuvor durchquert habe und wegen meines Talents hier keine Galerien erstellen zu können bisher versäumt hatte zu beschreiben; so groß wie Nordrhein Westfalen liegt dieses Herzland inmitten Polens als Heimaterde der Hauptstadt Warschau.
Wobei mit 35.000 Quadratkilometer sogar noch größer als Belgien hat dieses Masowien gerade mal die Hälfte der Einwohner, mit 5,6 Mio aber wiederum die Bevölkerungsstärkste Woiwodschaft (so heißen die polnischen Bundesländer) im Lande, die natürlich zur Hälfte in und um Warschau siedelt. Tendenz: Steigend, da hier im ganzen Land das meiste Geld verdient wird, die Metropole wie ein Monolit inmitten dieser ländlichen Weiten eine gewaltige Strahlkraft aufs übrige Volk ausübt, – gleich doppelt so hoch die Gehälter hier sind als noch im 200 km entfernten Lodsch, der alten Textil-Metropole.

So ist es eben mit den Hauptstädten (abgesehen vom armen Berlin) in der Welt, und Masowien lebt nahezu komplett als Heimadresse Warschaus.
Außen vor, wie ich ja schon berichtet hatte, sieht die Sache nicht ganz so glänzend aus; der ländliche Schlendrian schüttelt mit Schlaglöchern den Wanderwagen gründlich durch, halbfertige Billighäuser prägen sich als Markenzeichen für die Gegend ein, auch wenns um Lodsch bis hinter Poznan noch schlimmer aussehen mochte, um so komischer wird es weiter östlich, da wo das Ramsch-Vorort Warschau endet und die Masowische Osthälfte eigentlich schlimmeres vermuten lassen würde; mittelmäßig leben die Kommunen hier rund um die 22.000 Einwohnerstadt Ostrow im wirtschaftlichen Windschatten der fernen Metropole.
In Ostrow finde ich nur ein einziges Cafe zum Rückzug vor Wind und Regen bei lausigen plus dei Graden. Kaum Industrie, wohl nur die Überweisungen aus der Hauptstadt die sichtlich müde ihre Kraft bis hier hinschafft.
Mein Weg, vorbei an abgestürzten Lastwagen (Bild) zeigt mir unterschiedliche Landschaften Masowiens; von braunen Weiden in schneefreier Nachwinterruhe, bewachsen von schönen Kiefern die hier den Sandboden mit den Birken teilen, aber darauf eben nie wirklich groß werden.
Entweder weil der Boden zu karg oder die Menschen zu gierig ihrem Holz trachten; überall frische Baumstümpfe. Motorsägen höre ich beständig aus den weiten Wäldern am Horizont.
Bis hinter Warschau die Kiefern seltener werden, Erlen als Sumpfbäume das Landschaftsbild prägen, immer wieder Birken und Eschen, letztere viel kleiner als bei uns in Deutschland, weil das hier mittlerweile dominierende Kontinentalklima keinen Baum wirklich groß werden lässt. Außer die Eichen, aber da waren die Bauern oft mit Axt und Säge all die Jahrhunderte so schändlich am Werk…. kaum alte Baumriesen haben das Gemetzel der letzten 800 Jahre überlebt. Kaum ein Baum ist wirklich alt hier.
Auch die Äcker sind eher sandig, der Boden hell aber es reicht für eine Ernte sowie reichlich Viechzeug; Rinder sind hier zu Millionen Zuhause, ein Dorf nach dem anderen reit sich meiner „Via Terrestris“ dem Weltweg unter den Rädern meines Wanderwagens. Trist und grau ist es, aber das liegt wohl an der Jahreszeit.
Wie schön muss es wohl im Sommer hier sein?

Klatschnass aber gemütlich…

Ja, zwar hatte ich schonmal darüber geschrieben, aber es ist faszinierend dank einer so tollen Ausrüstung einfach perfekt, warm, kuschelig und weich zu schlafen in der Wildnis.

Der Regen ist da nicht so schlimm, die Zeltplane wird nur von Außen nass, die Tropfen perlen geräuschvoll ab, doch insgeheim macht sich die Nässe auf ganz anderen Wegen fast überall hin; Kondenz als Morgentau überzieht jeden Mikrometer meines Außen und Innenzeltes (Das Zelt besteht eben deshalb aus zwei Teilen) – lediglich von Innen, also mein Schlafgemach bleibt eben trocken.

Beim Einpacken des Lagers packe ich somit eine klatschnasse Zeltplane in den Sack, hab natürlich keine Chance die im Morgendunst um den Gefrierpunkt irgendwie zu trocknen.
Manchmal ist es kälter, und der Tau erstarrt zu hauchdünnen Schuppen oder Eisblumen, die ich einigermaßen vom Zelt schlagen kann, indem ich die Plane kräftig ausschüttel.

Doch nass bleibt nass, spätestens wenn es über fünf Grad steigt, dann leidet das Zelt eingequetscht in seinem Schlauch die nächsten 30 Kilometer bis es endlich wieder atmen kann. Dann ziehe ich die Stangen durch das nasse Etwas und der Inneraum atmet schnell seine Feuchte aus; Schlafsäcke und Daunenmatten betten sich rocken und sicher in die „Villa Wanderleben“.

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Grau in Grau, der Himmel über Podlachien…

… aber Sonne im Herzen.

So sollte es sein, ist es auch. Aber mit der Zeit verbrauchen sich die Energien des Lichts bei all den Tagen im nasskalten Wind, ob von Osten oder Westen, egal der ist immer (Arsch)kalt und oft auch noch feucht/nass.

Endlich mal, an diesem Morgen glaub ich es kaum: Verhaltene Sonnenstrahlen sollen das sein, im Versuch die schlecht gelaunten Nebelbänke über den Baumwipfeln zu durchdringen, das graue, fade Land daran zu erinnern das es noch ein anderes Licht gibt.

Podlachien, als der „ferne Osten“ Polens bekannt, darbt um den 10 März noch immer in einem leblosen Wintermuff, zwar nicht mehr starr vor Eiskälte, aber pampig, klebrig in einem Braun-Grünlich-Grau Einerlei, bei nasskaltem Wind, der  die Zweige von Erlen und Birken durchbläst, die immernoch nicht im Geringsten den Anschein einer (Vor)frühlings Knospe zeigen wollen.

Lediglich, aber auch nur lediglich erinnert der fast schon kindlich, lebendige Gesang einiger kleiner Vögel dass bald neues Leben blüht…

Abwarten heißt es hier jenseits der Weichsel, 150 Kilometer hinter Warschau; der Winter dauert hier einen Monat länger als weiter westlich, der März bringt in Ostpolen immernoch Kälte, viel Nässe und jede Menge Ungeduld auf den ersehnten Frühling zum April.

(Bild: Ein Hauch Sonne im Morgennebel um 7:30 Uhr, bevor der wieder den ganzen Tag ins Dauergrau verbannt)

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Gefangen im Zelt…

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Gefangen im Wald.
Oh je, seit heut Nacht um drei prasselt heftig der Regen, mittlerweile wieder hell draußen, überlege ich jetzt hin und her was ich machen soll; abwarten oder das Lager abbauen, allerdings von innen um letztlich mit den abschließenden Handgriffen alles Wetterfest unter der Plastikplane im Wanderwagen zu packen, mich selbst unter dem Regencape gesichert…

Momentan nutze ich ja die tolle offline Funktion von WordPress, kann also fern jeglicher www-Zugänge (Ferner als hier geht ja auch nicht) meine Abenteuer hier als Entwurf speichern und hoffentlich im nächsten Städtchen (Wysokie Mazowiekie) mit einem Klick veröffentlichen. – Sofern es dort irgendwo ein WiFi gibt.

Aber wovon träume ich …?  Gerade erstmal über die Grenze zur nächsten Region, hänge ich nun bei absolut ätzenden Niederschlag in Podlachien fest. Ja, Podlachien (auf Polnisch: Podlaskie) heißt diese neue und auf meinem Weg durch Polen auch letzte Region, zwar nicht wirklich nach paradiesischen Urlaubsträumen klingend, aber interessant; mit riesigen Sumpfgebieten, Urwäldern und der Grenzlage zu Weißrussland, sowie Litauen, eine letzte, spannende Station auf dieser insgesamt 870 km langen Polen-Wanderung.

Dazu erzähle ich gern später mehr, muss jetzt nur mal zusehen wie’s überhaupt weitergeht im Podlachien Abenteuer…. ich schreibe gemütlich liegend im trockenen Zelt, kuschelig all die Daunenpolster der Schlafsäcke um mich und muss gleich raus da…. noch heftiger prasselt’s nun, …Zeit noch zum ausgiebigen rasieren, Katzenwäsche was möglich ist…und ..uff, aufstehen und jaja, ich muss auch mal dick genervter Blick … bis gleich mal… oh jeee..

Sooooooo, wieder da. Was für ein Akt; Da ein Zelt nun mal kein Wohnmobil ist, sind auch bei Unwetter jegliche Toilettengänge Draußen von Nöten, und das im wahrsten Wortsinn. Wobei andersrum die Sache draußen im Walde irgendwie hygienischer von Statten geht; die ollen Kloschüsseln, wo auch immer, finde ich oft schlimmer als jegliche Gänge in freier Natur. …. Auch wenns regnet.

(Bild: inmitten endloser Felder steuere ich den einzigen Wald weit und breit an. Um 17 Uhr solls nach 35 km schluss sein mit dem Wandern)