Türkei (11.08.2015) Stadt: Istanbul ( 15.100.000 Einwohner )

Von harten Wirklichkeiten zurück in unsere Welt: Gutes Essen, Bier und nochmals fettes Essen. Wobei diese Hitze den Hunger drückt, kann man dennoch ganz schnell über 4000 Kalorien kommen hier in Istanbul. Ob Essen im “Ficcin” oder Haufenweise als “Meze” aus den Trögen der vielen Fressbuden….. mein Gott, welch krasse Gegensätze; Ahmad geht mir/uns nach….. doch was sollen wir machen? Wir helfen ihm bald, wenn er aufbricht in unsere Welt…. ich muss es wie ein Arzt nehmen, trenne das eine von dem anderen. Ok, unser letzter Tag heute in ISTANBUL, fast zwei Wochen lang war ich hier, hab mit Georg tolle Tage gehabt, – auch gelitten (schwere Hitze, ….gestern hatten wir uns mal ordentlich gezofft…) und danke ihm für diese Zeit voller unglaublicher Eindrücke. Die Bilder zeigen noch einige Sachen der letzten Tage hier. Ich könnte noch tonnenweise mehr dazupacken…. aber es reicht erstmal, Istanbul ist einfach gewaltig.

Türkei (09.08.2015) Stadt: Istanbul ( 15 Mio Einwohner )

Begegnungen in Istanbul; eine von insgesamt 500.000 Geschichten über Flucht, Krieg und Vertreibung. Der 23 jährige Ahmad traf mich in einem Cafe eines tristen Gewerbegebiets für Kleinindustrie, wo ich vor ein paar Tagen die äußeren und fernen Stadtteile erkundete. Dort wunderten sich die Leute ganz schön über mich und Georg, die als offensichtlich Deutsche in so einem dermaßen untouristischen Ort umherirrten, kamen schnell ins Gespräch und erfuhr Ahmads Story, der als Teejunge uns die kalte Cola brachte. Aus Damaskus musste er vor sechs Monaten fliehen, als Soldat seiner Familie in die Ferne geschickt, dort wo alle anderen auch hin wollen oder schon sind…. nach Europa, am liebsten nach Deutschland. Jaja, und hier an der Schwelle zum Westen, in Istanbul werden es immer mehr; mit sechs weiteren, arabischen Flüchtlinge fristet er sein hartes Dasein in einem Zimmer, muss dafür noch über 300 Lira Miete aufbringen (100€) verdient bis zu 800 Lira (280€) maximal im Monat, was zum sparen kaum reicht in einer Stadt wo Lebensmittelpreise so viel wie in Deutschland kosten (oder mehr..)….. ….. …… Wir verabreden uns für die nächsten Tage, tauschen unsere Facebook Daten aus, und treffen uns wieder, diesmal am Taksim Platz, dem modernen Herzen der Stadt, vor’m Burgerking. Da findet man sich immer. Ahmad ist voller Energie, wirkt vital und ist klug. Studiert hatte er sogar auch, Tourismuswissenschaften, wenn auch nicht mit Abschluss weil der Krieg ausbrach in Syrien. Seine Familie brachten das allerletzte Geld auf um ihn bis über die Grenze der Türkei zu bringen; erst 400 km durch brandgefährliches Gebiet in Syrien, vorbei am zerstörten Aleppo bis ins Kurdenland auf der anderen Seite. Endlich sicher, aber noch ganz am Anfang; weitere 1000 Kilometer mit Fernbussen legte er als illegaler, aber geduldeter Einwanderer in der Türkei zurück, Ziel: Istanbul, die Megastadt…. wo ich ihn viel später treffe. …. …. ….. Ich kann ihm nur helfen mit Zuhören, stelle Fragen und gib ihm ein Gefühl von jemanden überhaupt angenommen zu sein. Über Deutschland wolle er so viel wissen, die Sprache erlernen und so schnell wie möglich sich dorthin auf den Weg machen. Doch das geht nur über Land, 2400 km illegal über viele Grenzen hinweg…. er bekommt ja als Syrer überhaupt kein Visum, (und somit kein Flugticket) -weder für Griechenland, noch für Bulgarien, welche als EU Länder direkt an die Türkei angrenzen. Erst wenn er z.B. deutschen Boden betritt, egal wie er es schafft, darf er bleiben im Asyl-Status. Also muss er über Griechenland zuerst, um überhaupt EU-Boden zu betreten. Und “Boden” gibts aber erst auf den griechischen Inseln, kurz vor der türkischen Küste. Die liegen nahezu in Sichtweite, doch einfach mit der Fähre rüber ist nicht drinn; wie beim Flugticket gilt auch hier die Visumspflicht. Somit kommen all die Flüchtlinge eben in Nacht und Nebel illegal über’s Meer….. für unglaubliche 1000 Euro Schleppergeld in einem billigen Schlauchboot gesetzt und hinübergefrachtet. Oft völlig überfüllt stranden viele vor der Küste und ertrinken fast, andere werden betrogen und das Geld ist futsch, sowie keine Spur vom krimminellen Kurierdienst. Die Leute haben nichts, müssen jedem vertrauen um einfach weiter oder weg zu kommen. Ahmad hat aber keine tausend Euro um solche Verbrecher zu bezahlen, und wir überlegen was sonst noch geht: Die Meerenge von Samos, dieser griechischen Insel kurz vor dem türkischen Festland wäre keine fünf Kilometer breit. Womöglich kurz genug um bei Nacht mit einem selbst gekauften Gummiboot und Flossenschuhen hinüber zu schwimmen……. das kostet in den Strandgeschäften von Kusadasi keine 50 Euro. Zu dritt oder viert solle die Aktion ablaufen. Kaum Gepäck ist möglich, nur eben viel Wasser mitnehmen und gut essen zuvor. Auch soll die Stelle wo Ahmad ins Meer stößt, gut untersucht werden zuvor; ist dort Militärgebiet? Wie steil ist das Areal? Kann man Strömungen erkennen die gefährlich ablenken? …… ….. ….. Fragen um Fragen, doch dies ist keine touristische Abenteuertour, zumal die Jungs bei all ihrer Power eben nicht die erfahrensten Schwimmer sind….. doch ich rate ihm dazu, bevor er Jahre dafür sparen muss um diese eckelhaften Schlepper zu zahlen. Bulgarien als Landweg dürfte schlimmer sein, da dort ein neuer, scharfer Zaun die bisher einzige Antwort von Europa gewesen ist, wobei es Flüchtlingen die dort in Bulgarien erwischt werden, nicht mehr möglich ist z.B. in Deutschland Asyl zu beantragen. Anders in Griechenland, -selbst kurz vorm Kollaps stehend, seine mittlerweile 350.000 Flüchtlinge in andere EU Staaten ziehen lassen darf. ….. …… ……. …… Tage später lese ich eine Message bei Facebook von Ahmed: Er hat seinen kleinen Job verloren, drückt sich konfus aus, weiß nicht mehr weiter…… bittet mich um Rat. Doch ich bin selbst nahezu völlig pleite, konnte ihn eben nur ein paar Getränke ausgeben…. …… …… (Bild: Hilflos mit Ahmad aus Syrien, dennoch überlegen wir einen Weg möglichst schnell nach Deutschland für ihn. …. es wäre so schön wenn jemand ihm helfen mag; ich vermittel gern seine Daten (auch Facebook) falls jemand etwas Geld für ihn übrig hat. Bitte melden bei mir: mohandas78@web.de oder sein Facebookaccount: Ahmad Aruq. Bitte melden !!!)

Türkei (06.08.2015) Stadt: Istanbul ( 15 Mio Ew. )

Große Abenteuer in der mir so unheimlichen Welt der Hotels: Georg zieht um, nimmt mich mit ins “Grande Hotel del Londres” …. einer Luxusadresse in einem anderen Stadtteil, fernab von unserem so schönen Balkon mit Meerblick.
Sowas macht Sinn; nach sechs Tagen mitten im historischen Kern, nun der Tapetenwechsel nach Beoğlu, dem modernen Trendviertel mit Bars, Mac Donalds, und vielen Hotels…. ja, Tapetenwechsel im wahren Wortsinn; Schnörkel, Kronleuchter, fette, rote Teppiche und viel Muff…. zu viel Muff; das pompös, kitsch-überladene Zimmer lässt ordentlich die Nase rümpfen…. nach Abflussrohr stinkt der Luxus hier. Offenbar durch die Klimaanlage kommend.
Auch im neuen Zimmer, ein Stockwerk darüber, stinkt es wenig später auch ordentlich nach Klo…. Ratlosigkeit macht sich breit im Zimmer (Bild) und die Laune sinkt dem Nullpunkt entgegen…. zumindest bei Planchef Georg, der hier alles im Voraus gebucht hatte. Ohne Klimaanlage aber gibt’s auch nix mit erholsamen Schlaf; Georg ist Weltmeister im schwitzen und braucht bei diesem Waschküchen Klima von 80% Luftfeuchte bei 30 Grad unbedingt künstliche Kaltluft…. keine Chance, wir müssen hier weg…. morgen auschecken und schnell wieder zurück auf den Balkon …. was für eine Aktion… ….. ….. (Bild: Ein “Griff in’s Klo” im wahrsten Wortsinn; Ratlosigkeit im Luxuszimmer, – zuvor noch bester Laune auf der Dachterasse zum überteuerten Bier über den Dächern Istanbuls)

Türkei (08.08.2015) Stadt: Istanbul ( 15.100.000 Einwohner )

Altes oder neues Istanbul. Hippodrom, Taksim Platz oder Esenyurt…. letzteres touristisch kaum bekannt zeigt eine (wieder) ganz andere Seite dieser Super-Stadt: Hochhaus-Wildwuchs so weit der Blick reicht, Straßen und offensichtlich das Abwassersystem schaffen kaum noch mit dem extrem-Wachstum der Stadt mithalten zu können…. Esenyurt, allein schon mit über 800.000 Einwohner, eines der größten Stadtteile, liegt weit, weit draußen. 20 Kilometer kämpfte ich mich durch’s Busnetz, fand dann dieses eben so andere Istanbul wo sehr viele der zahlreichen Pendler wohnen, die ich täglich in all den (über)vielen Restaurants sehe, an den Eintrittsschaltern der Museen meine Tickets lösen, oder mir und Georg das Bier servieren…. in unserer gemütlichen Altstadt, fern, fern von Esenyurt mit seinem faden Häusermeer und nagelneuen Moscheen ….. Wobei schon die Stadt so unglaublich groß ist, sieht es sehr nach weiteren, starken Wachstum aus; wirklich überall wird gebaut, bis zu 100 Meter hohe Wohnblöcke im Rohbau, unwirklich am Horizont stehend, massenhaft bis zu den Rändern der Megastadt, Ränder die sich ständig verschieben…..

Türkei (07.08.2015) Stadt: Istanbul ( 15 Mio Ew. )

Eine Stadt – viele Zentren; als Istanbul noch Byzanz hieß, war hier DAS Zentrum der schon damaligen “Weltstadt”, das Hippodrom. Hier fetzten schon zu Zeiten der alten Griechen die Rennkarren über den Schotter, noch wilder dann später bei den Römern, wo die Rennbahn deutlich ausgebaut ja schon einem kleinen Kolosseum ähnelt. Auf dem mittigen Bild zeigt eine Rennszene wie heftig es damals abgegangen sein muss…. auch Gladiatoren metzelten sich hier gegenseitig nieder. In späteren Zeiten des Oströmischen Reiches, verlor die Anlage an Bedeutung, wurde teilweise rückgebaut, blieb aber als zentraler Platz der Stadt erhalten, so dass die letzten 2000 Jahre hier immer was los war, ob Volksfeste, oder Proteste wie z.B. eine Demo die der Sultan niederschmettern ließ: über 30.000 Menschen wurden innerhalb kürzester Zeit in einem Hexenkessel durch Schwert und Speer hier zu Tode gebracht. Ein Ort voller unheimlicher Vergangenheit….. …… ….. Heute stehen nur noch die zwei Obelisken hier, von denen der kleinere, ägyptische Obelisk, das wohl älteste Baustück ganz Istanbuls ist; über 3500 Jahre alt, damals von den Römern hierher gebracht, steht er -abgesehen von einigen Unterbrechungen- heute wieder an seinem alten Platz, mitten auf dem Hippodrom in Alt-Istanbul. …. (Kann ihn immer von unserem Balkon des Saba-Hotels aus sehen…. unglaublich…)

Türkei (05.08.2015) Stadt: Istanbul ( 15 Mio Einwohner )

Ein Fass ohne Boden, erstmal die ganze Stadt überhaupt, und dann dieser Palast: Versuche, den Topkapi Palast allein nur anzugucken sind ein dickes Ding. Nicht nur weil der vor über 290 Jahre erbaute Superkomplex, verwirrend, verschachtelt, unübersichtlich ist, sondern vielmehr die extremen (!!!) Touristenmassen, oft in einer Gruppe auf die nächste folgend, alles restlos verstopfend, kaum noch irgendwas an (etwas) Ruhe oder gar Besinnlichkeit zulassen. Versucht haben Georg und ich aber die Sache dennoch, quetschen uns zwischen Chinesen, laut quakenden Amerikanern und aller nur erdenklichen Vielfalt internationalen Fremdenverkehrs, deren einzige Gemeinsamkeit die permanente, pausenlose Beschäftigung ihrer Smarthphones im Fotomodus zu sein scheint. Lustig: Dort wo keine Fotos erlaubt sind, (Chinesen schaffen/können sich nicht daran halten…) herrscht Ruhe und wenig Trubel. Georg weiß darauf zu bemerken: “Die wissen jetzt nicht was sie hier machen sollen”…. abgesehen von den spannenden Sachen hier die es bloß zu bestaunen und vor allem zu verstehen gilt, wie wuchtige Kochtöpfe, riesengroß, überladen buntes Geschirr, ob in Gold oder Silber. Genau, wir sind im Trakt des Sultans Küche wo einst über 1000 Köche für den ganzen Hof unfassbare Mengen zu osmanischen Köstlichkeiten verarbeiteten.
Ansonsten geht es nur mit der nötigen, touristischen Motivation hier die weiteren Großtrakte aufzusuchen, die jeweils teuer ihr eigenes Ticket zum Eintritt verlangen. Im Harem, einer “Stadt in der Stadt in der Stadt”….. wo so schöne wie unübersichtlich zueinander angelegte Räume voller blau-bunter Kacheln, gib ich gezwungener Maßen auf und winde mich aus dem Pulk ins Freie….. wie eine Ameise unter 100 Mio anderen fühle ich mich hier, versuche manchmal ganz nah an die Wände zu bleiben um in dieses bildliche, mikro-Eigenleben auf den jeweils individuell bemalten Wandkacheln zu entfliehen. Die sind zu hunderttausende in all den vielen Zimmern reine Unikate, und dennoch im Zusammenspiel ein großes, symetrisches Werk bildend. …. ….. ….. Es fehlt noch vieles: Schatzkammer, Privatgemächer des Sultans, und so weiter…. als Herzstück der Anlage schießen wir in den Wind; hunderte stehen bereits Schlange um sich durch die Pracht zu pressen…. die Hitze tut ihr übriges; Georg sieht aus als sei er in einer der schönen Brunnen gefallen, durchnässt überall bei 30 Grad Waschküchenwetter. …. ….. ….. Kein Highlight also, auch egal: Gelernt hatte ich schon in Italien oder Griechenland nicht immer alles perfekt “abhaken” zu müssen. Vielleicht komme ich mal wieder nach Istanbul, am besten im Winter und habe die Chance dann mal einigermaßen frei in den Innentrakt des Palastes zu kommen, ohne diese entsetzlichen Menschen-Fotoposing Massen dann…. doch ich sehe eher schwarz: In den nächsten 10 Jahren sollen sich allein die chinesischen Touristen, zahlenmäßig, weltweit verdoppeln, die der aus Indien vervierfachen…. es wird bald wohl dann so richtig voll ….. überall. …… …….. …….. ……. …… ….. Naja, aber was mir wieder am meisten gefallen hat, sind diese alten Bäume; seit der Erbauung des großen Palastkomplexes, stehen hier ca vier Platanen, teils nur noch als Stamm mit etwas Auswuchs oder als hohler Baum, vom Blitzschlägen verbrannt gezeichnet, bereits über 280 Jahre Zeitzeugen dieses so bewegten und bewegenden Ortes. ….. ….. …… (Bilder: Nur draußen schaffte ich ein paar Bilder, drinnen war es einfach zu voll, keine Chance. Selbst im parkähnlichen Außenbereich drängelt es nur so)

Türkei (05.08.2015) Stadt: Istanbul ( 15 Mio Einwohner )

Schon vor 2600 Jahren siedelten Griechen aus dem Peloponnes an dieser schmalen Meerenge die sich eher wie ein Kanal zwischen Mittelmeer und schwarzes Meer auf 30 Kilometer entlangzieht. Seit dem tobt hier Leben an allen Ufern. Wobei nach Norden hin, (Richtung Schwarzes Meer) die Berge steiler ins Wasser fallen und Siedlungen deshalb sehr viel dünner ausfallen, entsteht genau hier ganz oben, eine nagelneue Riesenbrücke (Bild) – ein Zeichen einer (immernoch) wachsenden Stadt in einem wachsenden Land….. …. ….. (Bild: Begegnungen im Bosporus, U-Boote, Supertanker, Aida-Kreuzer…. alles dabei.)

Türkei (05.08.2015) Stadt: Istanbul ( 15 Mio Einwohner )

Armut, ein Thema was in Istanbul eher dramatischer wäre als noch in unseren Großstädten; mitnichten, zumindest sehe ich im weitläufigen Zentrum nicht viel davon. “Offene Armut” wie das aktive betteln, oder völlig verwarloste Personen ist eher selten bis garnicht zu finden. Im historischen Zentrum allerdings, weiter draußen in den unendlichen Stadtvierteln kommen sie dann doch vor, die Bettler; Mütter mit müden Kindern inmitten der Blechlawine, 12 jährige Jungs versuchen Wasserflaschen zu vekaufen, sehen übermüdet und fertig aus…. Dennoch hat sich der Lebensstandard in den letzten 15 Jahren sehr verbessert; die Stadt ist keinesfalls unsicherer als Berlin, nirgends nerven die Schnorrer an den Bahnhöfen oder vor Einkaufspassagen wie noch in Athen so sehr… obwohl ganze drei Millionen Menschen in “Geçekondus” wohnen, den Elendvierteln weit hinaus am Rande der Supercity. Doch selbst dort wäre das Wort “Elendsviertel” wohl zu weit gegriffen. Ich hatte sie gesehen während der vielen Busfahrten hier; schmuddelige Hochhäuser, deren Wohnungen überfüllt mit Armutsflüchtige aus dem weiten Hinterland Ostanatoliens, die zwar nicht wie Slums ausshehen, aber deutlich auffallen. Fotos machen ist nicht gern gesehen hier….

Türkei (06.08.2015) Stadt: Istanbul ( 15 Mio Einwohner )

Ich finde diese Hagia Sophia dürfte das erste Wahrzeichen dieser großen Stadt sein: Mit 1478 Jahren auf dem Buckel, war sie über 1000 Jahre lang (orthodoxe) Kirche, dann umgewandelt zur Moschee, und heute (seit 1936) ein gewaltiges Museum. Ihr Thema: Sie selbst. Einst vom oströmischen Kaiser Justinian als Monumentalbau in nur fünf Jahren Bauzeit dahingeknallt, sollte die “heilige Weisheit” (Hagia Sophia) die Mitte seiner neuen Stadt “Nova Roma” (neues Rom) sein. Das war sie auch, und schlimme Erdbeben änderten daran auch nicht viel, … die unwirklich gewaltige Kuppel, 65 Meter hoch stürzte komplett ein, grade mal wenige Jahre nach ihrer Fertigstellung. Somit wurde der eigentlich hohe Rundbau mit all den Jahren und Katastrophen immer fetter; Stützwerke aus meterdicken Mauern, Nebenkuppeln und sonstige Anbauten stabilisieren und lassen die Hagia wie ein kolossales Ungetüm der Extraklasse aussehen. In halb Istanbul kann man sie sehen, wie ein großes Raumschiff auf dem Hügel tronend. Aber auch drinnen überwältigen die antiken Superlative, wobei der Putz gründlich blättert, Baugerüste, 30 Meter hoch, auf lange Zeit vieles versperren. Bei einem gepfefferten Eintrittspreis von 10 Euro könnte man schon erwarten nicht unbedingt in einer Bauruine zu landen. Naja, ganz so schlimm ist es ja auch nicht, aber der Gesamteindruck von Pflege und Instandhaltung bleibt hinter den Erwartungen. …. …. …. Vielleicht aber auch weil hier bald wieder alles Moschee werden soll….!? Damals 1936 noch vom Staatsgründer Attatürk zum Museum erklärt, treiben heutzutage islamisch, fanatische Kräfte die Umwandlung an, zurück zur Moschee. Das würde aber wegen dem islamischen Bilderverbot wiederum eine aufwändige Umgestaltung erfordern; alle uralten Mosaiken, Bildnisse und sonstiges muss verdeckt oder vernichtet werden….. eine Katastrophe in heutiger Zeit. …. ….. ….. schon mit den gewaltigen, schweren Rundtafeln auf denen Koranverse prangen, hoch an den Wänden an Ketten hängend, schlägt wenig sensibel die Andeutung von “Hausmacht” ins Gesicht einer runden, nach Perfektion strebenden Grundarchitektur, Römisch-christlichem Kathedralenbaus, seinerzeit inspiriert vom Pantheon in Rom. …. ….. ….. Die Hagia Sophia: Ein Politikum ersten Ranges. Sollte Sultan Erdogan tatsächlich die Umwandlung zur Moschee schaffen, dann ist entgültig der Bruch mit Staatsgründer Attatürk komplett, der Bruch mit der freiheitlichen Verfassung zur trennung von Staat und Religion Geschichte, und eines der fortschrittlichsten Erfolgsgeschichten seit der kemalistischen* Revolution 1923, in der Weltpolitik, findet ihr trauriges Ende in “Erdogans islamischer Türkei”. ….. …… …… (* “Kemalismus” bezieht sich auf Mustafa Kemal, dem “Attatürk” – Vater aller Türken – der als Staatsgründer der modernen Türkei ein einzigartiges Werk fortschrittlichen Staatswesens in strikter trennung zwischen Religion und Staat vollbrachte, seinerzeit und heute (!) als einziges, nahezu komplett muslimisches Land)