Kosovo (09.06.2015) ——- Prishtina verlassen wir gleich am nächsten Tag Richtung Süden, noch weitere 70 Kilometer bis zur nächsten Grenze zu Mazedonien. Somit endet schon unser Abenteuer im Kosovo mit einer klar positiven Bilanz eines sicheren, sehr günstigen Reiselandes, dass zwar nicht vor Sehenswürdigkeiten strotzt, aber so freundlich war. (Bild: Typische Landschaft im Kosovo, auf der Straße von Prishtina nach Süden, mit viel (leeren) Gewerbe )
Kosowo
Kosovo (08.06.2015) Stadt: Prishtina ( 262.000 Einwohner )
Letzte Station wäre dann die Haupstadt vom Kosovo, Prishtina weiter im Osten des Landes gelegen, fast 100 km von Peja entfernt, löst Erwartungen in uns aus.
Wieder reibt die fürchterlich lästige Suche nach einem Parkplatz kräftig auf, und es findet sich nur mit Glück ein baufälliges Plätzchen, natürlich gegen unverhältnismäßig teures Geld in der Altstadt.
Manchmal denke ich, es ist schwieriger heutzutage einen Parkplatz in den Innenstädten zu finden, als einen günstigen Schlafplatz.
Schnell finde ich mich zurecht um ein tolles Hostel aufzutreiben; das “Han Hostel” exakt im Zentrum, kommt als Oase der Ruhe, Sauberkeit und Freundlichkeit sehr passend in einer wilden Stadt mit einem echt extremen Verkehrchaos daher, die zudem auch nicht besonders sehenswert ist; Prishtina hat sich ja schon um einiges verändert die letzten Jahre, hat eine glatte, lange Fußgängerzone und baut an einer neuen Kathedrale. Kirchen hatten es im Kommunismus ja damals schwer, und alte, historische Bauten überlebten diese krasse Zeit oft nicht.
Eigentlich wäre Prishtina ein guter Ort; überall wurde und wird gebaut, überall bröckelt und erneuert es zugleich, wenn auch Schlaglöcher, unendlicher Kabelsalat über den Gassenartigen Straßen, Müllhaufen und unverputzte Mauern sehr überwiegen. Doch überall gibt es Leben, Cafes und Versuche die Stadt lebenswerter zu machen, auch wenn’s offensichtlich nur Versuche sind. Leider ist es mal wieder das Auto, was alles letztendlich zum scheitern bringt; 100.000 Autos gibt es in der Stadt, und alle scheinen zugleich unterwegs zu sein, jeder zweite offenbar auf Parkplatzsuche…….. ein weltweites, sich täglich verschlimmerndes Dilemma… da auch Prishtinas Straßen total unterdimensioniert den überschwallenden täglichen Verkehrskollaps nicht fassen.
Rainer ist allerdings wenig begeistert von meinem Vorstoß ins Hostel zu gehen, die Mehrbettzimmer sagen dem Abenteurer weniger zu, …. sein Loui wäre da wesentlich privater, lese ich in seiner Denkblase.
So cheke ich mal allein hier ein, und suche mit ihm ein Hotel. Es ist seine letzte Nacht hier auf unserer Reise, und somit auch die Laune nicht wirklich in Feierstimmung.
Prishtina – Kathedrale der Mutter Teresa, Moschee im “Bazaarviertel” und typische Stadtbilder einer wenig sehenswerten, aber interessanten Stadt.
Kosovo (08.06.2015) ——- Für Albanien als auch für den Kosovo gilt als Nationales Symbol der schwarze, zweiköpfige Adler auf rotem Hintergrund. Der Kosovo hat noch seine Landesform mit den Sternen darüber als Nationalflagge festgelegt, ist somit (nach eigenem, langen Kampf im Kosovokrieg) ein eigener Staat der allerdings mit großem Aufwand von der EU und einigen Staaten, darunter auch Deutschland, wirtschaftlich sowie militärisch gehalten werden muss. Damals löste sich der albanische Teil Serbiens vom Lande ab, und Serbien erkennt dies bis heute nicht an. Ansonsten funktioniert nicht besonders viel in diesem Land, wie es sein sollte: Mit ca 50% Arbeitslosigkeit und zusätzlich einer hohen Unterbeschäftigung und einer bodenlosen Korruption (sehr reiche, mafiöse Politiker) steht das Land, 16 Jahre nach seiner Gründung fast noch schlimmer da als zuvor. Wenn auch die Nachkriegsjahre einen gewissen Schub erbrachten, und mittlerweile 500.000 Kosovaren im Ausland arbeiten welche die daheim gebliebenen 1,840 Mio Einwohner weitreichend unterstützen, liegt das Land gleichauf mit Moldavien, Albanien und Weissrussland und zählt zu den ärmsten Europas. Positiv ist die deutlich fühlbare Sicherheit im Land. Die Leute sind sehr freundlich, hilfsbereit und selbst Nachts ist es auf den Straßen sicher. Klar, aufgebrochene Autos finden sich hier wirklich leichter als anderswo, aber Leib und Leben sind hier absolut nicht in Gefahr. Mit gerade mal 10.700 Quadratkilometer ist der Kosovo etwa halb so groß wie Hessen oder Rheinland Pfalz, mit 1,8 Mio Einwohnern recht dicht bevölkert; längs der Hauptstraßen zwischen den drei wichtigsten Städten (Prishtina, Prizren und Peje) zersiedeln unendlich viele Gewerbe und Wohnbauten das Bild. Oft ist garnicht zu erkennen welchen Zweck die schnell und billig, meist in den Aufbaujahren nach dem Krieg, hochgezogenen Gebäude haben. Sind oft auch unfertig, und das über viele Jahre. Auffällig sind die vielen Bekundungen zur Freundschaft Deutschlands: “Deutsch Farben” oder “Deutsch Parts” – an Werkstätten und den vielen, wilden Werbetafeln, zeigen eine Verbundenheit der Kosovaren mit ihren Lieblingsland.
Kosovo (08.06.2015) Stadt: Peja (62.000 Einwohner) ——- Peja (oder auf serbisch: Peč) selber ist kaum interessant und nur als größere Ortschaft in historischer Sicht im Kosovo von Bedeutung. Im Stadtbild fällt lediglich ein fünf Sterne Luxushotel auf, das natürlich dem Besitzer der größten Brauerei des kleinen Landes gehört. Irgendwo müssen die Millionen ja auch hin die nicht nur mit Bier und ehrlichen Dingen verdient werden (unterstelle ich mal) – da im Kosovo ganze 20% der Wirtschaftsleistung über den Drogenhandel erbracht wird, – nach wie vor. Bulgarien, Griechenland mit seinen unübersichtlichen Außengrenzen, Das chaotische Albanien, sowie die nahe Türkei in der Nachbarschaft nutzen den Kosovo mit seiner stark korrupten Regierung als Drehscheibe für den Handel mit Drogen, das nicht zuletzt durch seine starken Verbindungen nach Deutschland eine gute Ausgangslage hat. Dennoch sind in Peja sehr viele Menschen arbeitslos und bei aller Ironie; der Schluck vom frisch Gezapften Peja spendet Trost; kräftig im Geschmack und vor allem billig: 1,10€ der halbe Liter spiegelt die Lebenswirklichkeit in diesem Land nicht unpassend; eine aussichtslose Lage, keine Sicht auf Besserung und doch dann die Lust am Leben, und der allgegenwärtige (National)stolz (Bild: Der albanische Doppeladler im Holz gehauen)
Kosovo (08.06.2015) Ort: Rugova Schlucht bei Peja ——– Zeit haben ist das höchste Gut im Leben. So hatte ich das mal gelernt die letzten Jahre meines Arbeitslebens; genug Geld aber nie Zeit…. jetzt haben wir sie und Rainer will wirklich noch diese Rugova Schlucht hinauf, über 25 km entlang einer teils in den steilen Fels gehauenen Straße, immer entlang des Flusses und einigen Siedlungen die in den breiteren Tallagen dennoch sehr abgelegen wirken. Eigentlich führt die Straße hinüber über einen Pass nach Montenegro, doch irgendwann endet sie in einem steilen Waldweg und offenbar geht’s hier nur zu Fuß weiter. Das machen wir mal nicht, wobei so eine tolle Berwanderung mal wirklich angebracht wäre; der Bauch schwabbelt schon ganz gewaltig von all den deftigen Speisen, kombiniert mit stundenlangen Fahrten im “Loui”.
Aber wer weiß wie weit die Grenze ist, und ob die überhaupt dort oben liegt ? …..Wir setzten uns wieder und kehren um.
Kosovo (08.06.2015) ——– Wie genial ist das denn: Zelten auf der Veranda eines ruatikalen Restaurants in den tiefsten Bergen des Kosovos. Sowas erlebt sich eben nur weil unsere liebe Haimat schon vor vielen Jahren diese unglaublich fleißigen Kosovaren ins Land kommen ließ; schon das erste Lokal entlang dieser unglaublichen Bergstraße, hinaußführend aus der Stadt Peja, empfängt uns sowas von freundlich, dass wir glatt bleiben, Rainer im “Loui” auf dem Parkplatz, ich oben auf eine der terassenartig übereinander gebauten Veranden der Pizzeria. Eigentlich suchen wir ja was zum übernachten im Auto, kommen aber – wie üblich in der albanischen Welt – auf Deutsch ins Gespräch, erfahren die Lebensgeschichte eines kosovarischen Arbeiters der uns dankbar einen Platz anbietet, dazu noch überbackenes Brot gibt. Lange hat er in mehreren handwerklichen Berufen in Deutschland gearbeitet. Ich erinnere mich noch lebhaft an all seine wüsten, aber herzlichen Landsleute in meiner alten Baumfällerfirma, die viel robuster und heftiger ans Werk gingen als andere; Asim, Berat oder Beshet schufteten wie von Sinnen….. ganz anders als Andreas oder Thorsten die viel lieber und öfter zur Raucherpause waren …. jaja, und jetzt nach 16 Jahren Handarbeit, steht der Laden nun, die ganze (junge) Familie macht mit und zum Abend sind wir wieder allein; die Familie wohnt dann schon im nahen Peja, und ich bewache nun für eine Nacht das Lager im Zelt…..
Kosovo (07.06.2015) Stadt: Prizren (110.000 Einwohner) ——- Grenzkontrollen kein Thema. Kosovo: Ebenfalls kein Thema; ganz wie in Albanien überrascht uns wieder ein Land im Auf und Umbruch, wenn auch nicht ganz so dramatisch wie in Albanien, was sich in der Stadt Prizren zeigt die gleich einige Kilometer hinter der Grenze präsentiert: Fast ohne Bausünden und größtenteils in seiner alten, teils gepflegten Erscheinung ist dieses Prizren schonmal gleich DIE Perle unter den kosovarischen Städten. Im Gegensatz zu Albanien, erlebe ich hier eine intakte Altstadt in nahezu üblichen Touristenrummel, wenn auch zu 90% durch Einheimische frequentiert, sowie eben den Soldaten der KFOR, die sich seit 16 Jahren bereits hier aufhalten, seit 1999, als der Kosovokrieg sein Ende fand.
Prizren fällt im übrigen wegen seiner roten Ziegeldächer ganz im Kontrast zu den anderen albanischen Städten auf, die mit billigsten Etagenbau der 60er, aber auch neueren Datums nur so wucherten. Auch hier finden sich Moscheen und Kirchen in trauter Eintracht; auch im Kosovo gelingt das friedliche Miteinander der Religionen mit großem Erfolg. Auch wenn mit nahezu 96% Muslimen da nicht viel übrig bleibt auf der anderen Seite, pflegt die Regierung ihr historisches Erbe offensichtlich; Kirchen sind nicht benachteiligt, werden ausgebaut, gepflegt und restauriert. …. auch wenn die Hausmacht der Europäischen Union da nicht ganz unbeteiligt ihren Einfluss ausübt. (Bild: Brücke von Prizren und Aussicht vom Berg über die Stadt)