Viva Polonia – 800 km zu Fuß durch Polen (14.11.2015) Stadt: Kalisch …. (100.000 Einwohner)
Wie in jeder polnischen Stadt finde ich das Zentrum als Quadrat vor, alt bepflastert, gottseidank nicht als Parkplatz missbraucht, und im Falle einer größeren Stadt, mit einem Zentralbau in der Mitte. Hier praktischerweise das weiße Rathaus, ein berühmter, historischer Bau. Die Mitte der wohl ältesten Stadt im Lande. Eher zufällig gerate ich hier her, als auf der Landkarte der Weg quer durch Polens Mitte entlang seiner großen Städte in planung war. Kalisch war da eigentlich nur eine Zwischenstation, erkenne jetzt aber wie wichtig der Ort kommt; bereits vor 1865 Jahren vom berühmten, griechischen Geografen Claudius Ptolmäus erwähnt, als “Calisia” war hier schon lang vor der sesshaftigkeit der slawischen Polonen, eine germanische Siedlung. Zu dieser Zeit war das weite Gebiet voller Wälder und als östlichstes Areal germanischer Stämme bekannt, weil ein alter Handelspfad von Süden bis zum Baltischen Meer (Ostsee) führte, der bereits im römischen Reich, allerdings fern abseits seines damaligen Machteinflusses bekannt war. Vandalen waren es damals, die hier siedelten, ein wüstes, germanisches Volk, eher verstreut in Holzbauten lebend, als Jäger in den Wäldern, bis zur Zeit der Völkerwanderung vor und zu Beginn des Frühmittelalters, (vor 1680 bis 1440 Jahren) als allmählich Westslaven von Süden vordrangen, – eben jene Polonen die viel später hier ganz große Kultur entwickelten, Polen vor 1100 Jahren gründeten, zuerst – wie auch in Deutschland, viele kleine Reiche hatten, so wie auch jenes Herzogtum wo im Jahr 1193 Kalisch bereits Hauptstadt wurde, viel später dann in Grenzlage zu den großen Reichen geriet; Russland lag genau in Sichtweite, während die Stadt mal polnisch, mal deutsch (preußisch) war. Die Mittelalterliche Stadt erfuhr allerdings ihre größte und einzigste Komplettzerstörung im ersten Weltkrieg (1914) während sie im zweiten Weltkrieg nahezu unversehrt von Osten eingenommen wurde. Deshalb finde ich hier keine alt-historischen Gebäude mehr, lediglich restaurierte Fundamente von Mauer und Schlossanlagen kann man bei dem Streifzug der inneren Stadt erahnen. Heute ist Kalisch eine moderne, mittlere Stadt die über ihre Textilindustrie seit Anfang 1800 ihre Größe auf heute über 100.000 Einwohner puschen konnte. Ihre Randlage zwischen den Reichen war nicht immer ungünstig; während die Textilien an Bedeutung schon vor Jahrzehnten abnahm, bleibt Kalisch als Klaviermetropole erhalten; früher gab es hier eine gewaltige Klavierfabrik, heute nur eine Ruine, aber immernoch mit der einzigen Schule für Klavierbau in Europa…. das erzählt mir zumindest Jacek, ein weltgewandter Kosmopolit, der mir im perfekten Englisch noch so einiges zu erzählen weiß: Mein Gastgeber hier in Kalisch.