Viva Polonia – 800 km zu Fuß durch Polen (14.11.2015)
33 Kilometer wurden gestern geschafft. Nix tut weh, die Beine gehen von selbst und ich freue mich über die erfolgreiche Strategie, gleich im Morgengrauen los zu machen, konsequent das Lager zu räumen und sich in die Kilometer zu stürzen. Unterwegs fällt eine andere Bauart auf; die Häuser werden noch einfacher je tiefer ich ins Polnische Land vordringe. Noch ganz normal verputzt fielen die vielen, vielen Neu-Eigenheime nahe der deutschen Grenze bis hinter Poznan nicht sonderlich auf. Nur das in den letzten 15 Jahren eine Eigenheim-Explosion Polen-weit stattfindet, überrascht schon. Und auch da wo die Leute ärmer scheinen, wir und wurde gebaut ohne Ende; ohne Putz im blanken Stein stehen hier viele Häuser fertig, ja, schön soll es auch sein; rote Ziegel und graue Betonsteine wechseln zumindest farblich das preisgünstige Schema ab. Baugrund werfen einem die Dörfer nahezu hinterher, der ist echt billig hier. Zu groß ist die realistische Sorge vor Schrumpfkuren, da niedrige Kinderzahlen, Überalterung und starke Konkurrenz der Städte die Dörfer bedrohen. Noch passt es, da in Polen die meisten ein Dorfleben bevorzugen, aber natürlich mit allem Schnikschnak, Autos vom Halbstarken bis zur Oma müssen alle haben, große Gärten – nahezu immer mit Hund, gehören dazu und überhaupt erlebt das Land einen Wohlstandsausbruch wie nie in seiner Geschichte. Auch wenn viele unglaublich viel haben, sind hier die ganz einfachen offensichtlich auch in der Lage ihr eigenes Schloss zu bauen. Ungefähr 30.000 Euro (130.000 Zloty) dürfte dieses Haus auf dem Bild mit Grundstück kosten. Das erzählen mir die Leute schon gern in Hinblick auf die viermal höheren Preise im deutschen Billig-Segment. Doch wer sind diese Leute? Eher jene die offen und meist gebildet mit mir ins Gespräch kommen wollen, (im Cafe) aber nahezu nie hier draußen, z.B. wenn ich frage bei ihnen im Garten oder auf den Hof eines Bauern zu zelten. Dann überrascht mich eine große Verschlossenheit im eigentlich so gastfreundlichen Land, nicht weil die Leute hier blöd drauf sind, sondern erstens die Sprachbarierre immernoch heftig ist, (mein Polnisch dürfte ohnehin erst nach 8000 km funktionieren…) und in einer neuen Kultur des Eigenbesitzes mehr Misstrauen und Privatheit dem Fremden entgegengebracht werden.