Wo alles mal angefangen hat ….

Die Keimzelle des russischen Universums befindet sich genau hier: Novgorod, (223.000 Einwohner) die älteste Stadt des Landes wurde vor genau 1157 Jahren gegründet. Also ein echtes Schwergewicht auf der touristischen Landkarte.

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Jede Region wie ein eigenes Land: Die Novgorodskaya Oblast ist mit 54.000 Quadratkilometer so groß wie NRW und Rheinland Pfalz zusammen, aber mit 615.000 Einwohnern sehr sehr dünn besiedelt.

Eigentlich wollte ich ja bei Novgoroder übernachten, hatte gleich zwei Angebote dafür, (Couchsurfing) war aber bei der Ankunft dermaßen abgerissen, dass nur noch eines der Hostels als beste Lösung galt.
Es geht: Acht Euro für Bett und Dusche (!) sind einfach ok. Luxus: Ich liege auch noch allein im 8-Bett Zimmer, hab absolut Ruhe…

16.06.2016

Ich treffe Igor, der als gescheiterter Germanistikstudent ein gutes Deutsch kann, jetzt mit 28 sich als Kellner verdingt und mich entschuldige, sein Angebot am Stadtrand Quatier in seiner kleinen Wohnung zu nehmen, erstmal nicht angenommen zu haben.
Dafür treffen wir uns heute mal so, erfahre jede Menge über einen so lebendigen Geist; Igor war mal eine Zeit bei Paderborn
wo noch heute seine Mutter lebt, versteht viel von Geschichte und Gesellschaft. Ich versuche ihn zu bewegen, wieder ins Akademische Umfeld zurückzukehren.

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Mit Igor im historischen Stadtkern unterwegs, zeigt er mir seine alte Stadt. Links dürfte die älteste Kirche (über 1000 Jahre) von Russland stehen.

Alles ist hier so sauber, so relaxt. Keine extremen Touristenmassen vermasseln diesen besonderen Ort. Einerseits ein Segen, anderseits fühle ich mich bewegt zu verkünden: Leute, kommt in dieses Land, seht es euch an.
Novgorod ist gut zwischen den Metropolen Petersburg (180 km) und Moskau zu erreichen, hier gibt es alles, dazu gut und günstig. Irgendwie noch etwas unendeckt, noch so ursprünglich, gelassen und ruhig.

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Eine komplette Stadtmauer umgiebt das alte Zentrum, den "Kremlin" (Kreml) was Festung bedeutet, war im Mittelalter mal Hauptstadt der mächtigen Handelsrepublik Novgorod.

Groß wurde Novgorod komischerweise durch die Schifffahrt über den Wolchow Fluss, der zur Ostsee den Anschluss sogar zum alten Hansebund verschaffte, somit ein Binnenhafen in Zeiten als St. Petersburg noch garnicht existierte.

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Die Flusslage machte die Stadt einst so groß wie Moskau, verlor aber später das Rennen sodass heute die Provinzstadt auf den Tourismus hofft.

Für die Russen hat Novgorod nahezu was heiliges, weil hier die allererste Zündung, staatlichen Gemeinwesens geschah; Rurik der Waräger gründete vor 1157 Jahren hier in den Sümpfen und Seelandschaft diesen Stützpunkt, baute ihn mit Hilfe der einheimischen Ilmensee Slaven zum „Novgoroder Rus“ aus.
Der Name „Russland“ war geboren; „Rus“ – was ableitend von der schwedischen Region Roslagen abstammt, bezieht sich interessanterweise auf die Waräger, ein skandinavisches Seefahrervolk, eng verwandt mit den Wikingern, die über die langen Flüsse den Handelsweg nach Süden, ins damals große, byzantinische Reich suchten.
Der Novgoroder Rus war somit das erste Reich, schnell aber abgelöst vom Kiever Rus, gegründet von Ruriks Sohn Oleg, der viel weiter im fruchtbaren Süden somit die Stadt Kiev gründete und ein sehr viel größeres Gebiet beherrschte.

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Mit den Wikinger-ähnlichen Warägern kam die erste Hochkultur über die Flüsse ins weite Land. Aus dem Süden wiederum die Schrift und Christenheit.

Nur wenig später fand die Schrift Einzug in diese ersten Reiche des „Rus“, der griechische Mönch Kyrill von Thessaloniki prägt bis heute noch den Namen der kyrillischen Schrift. Diese leitete sich von den alten Griechen ab, die ja schon vor 4000 Jahren das schreiben lernten, passte sich der slavischen Sprachen an mit ihren anderen Lauten, und schnell übertrug sich somit auch die Botschaft vom lieben Gott. Die orthodoxen Kirchen entwickeln sich im Laufe der Jarhunderte über all diese weiten Ländereien zu einer so eigenen Anschauung der Christlichen Story.

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Die erste Festung von Rurik, heute eine Baustelle etwas außerhalb der Stadt, Russlands älteste Gemäuer.
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Ob das der alte Rurik sein soll, ganz unten im Stammbaum dieser alten Herrscher?

17.06.2016

Mit reichlich Restalkohol im Blut wache ich auf, wollte heute eigentlich weiter. Gestern feierte ich noch mit dem Australier Thomas, ordentlich in die Nacht. Er spendierte mir endlos Biere vom Fass… die Feierlaune nach all den Strapazen war ja schnell zugegen. Faul hänge ich im Sofa des Hostels, Thomas liegt noch in voller Abendkleidung im Doppelbett. Ich scype mit Mama eine volle Stunde, erfahre von Freund Georg, dass sein Jakobsweg super verläuft, er nun 600 km gewandert ist.
Ich wandere heute aber nicht, lese diese Nachricht von Ivan, der ist nämlich Journalist vom Radio Novgorod und will mich jetzt treffen.
Alle Klamotten zusammenpacken, frisch gewaschene und wieder trockene Wäsche in den Wanderwagen und die Treppen runter mit Allem, raus aus dem Hostel zum Wolchower Fluss hinter der Altstadt.
Ich schwitze bei schwülen 28 Grad, treffe dann Ivan der mich mit seinem Drohnen-Ufo empfängt, filmt mich von hoch oben von seinem ferngesteuerten Fluggerät aus. Ich bin begeistert, will auch so ein Ding haben.

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Krass: Ivan mit seiner Filmdrohne, die 1000 Meter weit fliegen kann, trifft mich zum Interview.

Wanderwagen ab im Auto, vertaue alles Gepäck und los gehts zum Holzdorf außerhalb der Stadt, ein Museumsdorf was ich unbedingt sehen wollte, aber gestern resigniert dachte, das alles nicht zu schaffen im logistischen Aufwand bei so wenig Zeit.
Der 33 jährige Ivan kennt hier Mann und Maus, lädt mich ein, führt mich durch das Dorf alter, traditioneller Holzhäuser. Selbstverständlich hat auch ein ganzer Schwall Chinesen den Ort entdeckt und fotografiert wie von Sinnen.

Die Bauweise war bis vor ca 100 Jahren seit gut fünf Jarhunderte das traditionelle Bild russischer Siedlungen. Allerdings zeigt das Museumsdorf lediglich die besseren Habitate von damals reicheren Bürgern, sowie überwiegend Kirchen und Kapellen.
Die übergroße Mehrzahl der damals armen Leute, lebte in sehr einfach gezimmerten Hütten, Lehmbauten oder simpelen Steinhäusern, was hier garnicht rüberkommt.

Jaaa, was könnte ich alles noch erzählen.
So eine dichte, volle, intensive – und schlafarme – Zeit, bekomme vom Sandmännchen klare Anweisungen soeben, halte aber  noch ein wenig aus, will mich noch bei Ivan so sehr bedanken für diesen tollen Tag, für die Einladungen, Erlebnisse und dem Gefühl des Wilkommenseins.

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"Ivan der Freundliche" - spendiert mir noch was Leckeres + Cappuccino in seinem Lieblingslokal.
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Alle wollen ein Foto mit dem Weldwanderer; als Ivan erzählte was ich mache, ist erstmal schnell eine Fotosession einmal mit den lieben Damen, aber auch mit dem Lokalbesitzer angesagt.

10.450 Kilometer Russland.
Ich glaube es selbst immer noch nicht, aber es scheint auch eine gute Zeit zu werden; Leid und Freud, so eng beisammen. Ein Rythmus der zuversichtlich macht es zu schaffen. Mittlerweile gibt es schon zwei Artikel in Zeitungen und Internet (Leningrad Region) bald auch hier in Novgorod, und Ivan ruft sie alle an, die Kollegen in den Städten da Draußen wo ich überall noch durch komme ….

Russland, Russwelt, ein Land wie ein Kontinent, so voller toller Leute.
Helft mir weiterhin, schenkt mir Kilometer.
Ich habe am 22 Juni Geburtstag, werde dann 38, brauche immernoch eure Hilfe die mich schon bis hier brachte.

…Jeder Kilometer für 50 Cent und Wladiwostok ist zu packen, helft mir mein Projekt bekannter zu machen, der „Deutsch Russische Freundschaftslauf“ hat offenbar das Zeug eine größere Mediennummer zu werden, was nicht nur mir, sondern unserem Europa, der Deutsch-Russsichen Beziehungen in diesen Zeiten, wirklich gut tun würde.


… Noch 170 Euro in der Kampfkasse …

Lieben Dank für jede noch so kleine Hilfe:
IBAN: DE70 4265 0150 1126 0186 37
BIC: WELADED1REK
Bankleitzahl: 42650150
Sparkasse Vest Recklinghausen

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