Warten in Kazan ….

… kann so schön sein: Welcher Ort währe besser gewählt? St.Petersburg hat momentan zu viele Touristen, und Moskau ist zu teuer. Nischni Novgorod dann zu provinziell, die Tundra zu langweilig…

Also Kazan, wo eine ganze Woche nicht langweilig wird. Samstag um 10, geht der Flieger und ja, ich freue mich natürlich auf die Familie, träume Nachts nur noch davon.
Aber nur noch zwei volle Tage?
Danach einfach nicht mehr auf Planet Russland?
Komische Vorstellung, nach nun mittlerweile fast drei Monaten Wanderzeit …

Wie schnell die jeweils andere (Lebens)form, oder Seite vermisst sein kann, zeigt sich besonders zwischen Stadt und Land; selbst hier innerhalb Kazans ziehe ich nun wieder umher, wandere vom einem Ende der Metropole zum anderen, fast wie ein Stadtstreicher sehe ich jetzt aus mit dem Wanderwagen, und zelte in den urbanen Waldgebieten, gut versteckt im Dickicht.

Im „Cat on the Roof Hostel“ hätte ich ja bleiben können die ganze Zeit, aber dort war es eben drei Tage schön und die restliche Zeit genieße ich meine Unabhängigkeit, streife durch Kazan und freue mich diese Zeit zu haben.

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Auch hier führt mich der Weg hin: Zum Palast der Kulturen der Welt, ca 10 km am Stadtrand von Kazan.

Hier kommt man nur hin, wenn genug Zeit ist, oder lässt sich in gewaltigen Touristenbombern (Busse mit 70 Leuten Fassungsvermögen) ankarren….  zum Palast der Kulturen der Welt, eine seit 14 Jahren permanent in Bau befindliche Synthese aus allen sakralen Baustielen von Christlichen Kirchen über Moscheen bis zu Hindutempel, dazu etwas Buddha.

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Als privates Gebäude mal offen für Kulturevents, mal mit Caffeebetrieb, natürlich heute, wo ich hier bin, geschlossen.

Wieder zeigt sich Kazan multikulturell, wieder gelungen, wenn auch dieser Palast der Kulturen weit vom Schlag, 10 km außerhalb des Zentrums liegt, und leider nicht zugänglich ist, eher noch wie eine Baustelle wirkt; festgetretender Lehmboden drumherum, überall Bauzeug, etwas Schutt.
Doch es lohnt hierher zu kommen in diesem urbanen Wildwuchs-Viertel, wo die Datscha ähnlichen Familienhäuser teils wie Bruchbuden zusammengezimmert neben einer Leichtbau Villa lediglich von Wellblechzäunen voneinander getrennt, stehen.

Einerseits noch in der Bauphase, anderseits schonwieder am bröckeln, kommt mir der Palast eher wie ein gewaltiges Gewächs vor, das mal hier, mal da neue Triebe bildet…

Gestern noch (vor dem Besuch am Palast) der große Termin mit dem Filmemacher im Auftrag vom Studio RT, Deutsches Büro Moskau, wo wir bei bratender Sonne vom Kreml aus über die Baumana Straße bis ins Hostel sämtliche Szenen drehten, morgen dann das Treffen in der Kazaner Uni, Deutsche Fakultät.
Heute einfach garnichts machen, den langen Weg zurück in die City mit Espresso belohnen, mit der Familie schonmal vor-freuen auf meinen Besuch auf „Heimaturlaub“ bald.
Übermorgen dann Abflug in die Heimat….

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Reporterin Mariana (r.) und Deutsch-Übersetzerin Sofia berichten auch vom Camp auf der Hostel-Wiese inmitten von Kazan.
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Ganz großes Thema hier: Die Gottesmutter von Kazan, oder "Kasanskaja" genannt, das wohl größte Heiligtum der Orthodoxen Kirche, aufbewahrt in der zentralen Kathedrale im Kasaner Kremel.

Die „Kasanskaja“ dieses Goldüberladene Bildniss Marias mit Jesuskind, hatte ich lang genug gesucht, und fand sie in der Kathedrale allerdings nicht.
Dort steht ein glitzernder Sarkophag… ob die vielleicht dort drinn liegt?
Nicht alles kann ich klären hier, zumal die Stunden bei Espresso und Gespräche mit vielen Leuten über alles Mögliche so wunderbar charmant die Zeit vertreibt.
Doch wichtig: Dieses Maria Bildnis ist für Russland ein ganz, ganz dickes Ding: Schon damals vor vielen Jarhunderten soll das Original, den Zaren zu überwältigenden Siegen verholfen haben, selbst Peter der Große war ganz wild auf das Bild. Doch in den Wirren der Geschichte enstanden gleich mehrere Kopien, und ein vermeintliches Original gilt heute offiziell als verschollen.
Die aktuelle Kasanskaja aber wurde von Wissenschaftlern als historisch sehr authentisch bewertet, ist mindestens 250 Jahre alt und somit mal nicht made in China aus Plastik.
Zugegeben finde ich die slavische Sakralkunst irgendwie überladen-verzerrt; das Jesuskind in adulter schrumpf-Optik mag da etwas verwirren, ist aber wesentlicher Bestandteil der hisigen Sakral-Ästhetik. – Andere Länder, andere Jesus-Kinder.

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Der Silant; eine Drachenschlange aus der Welt der Mythen dürfte wohl noch vor der Katze das wahre Symbol-Wesen der Stadt Kazan sein. Erzählt man mir...
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Mittlerweile meine Stammbar: Der Antikremlin, wie der Name schon sagt, gleich gegenüber der Kreml Festung (Kremlin=Kreml) wo der halbe Liter vom Fass faire 1,10€ kostet....

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