Implosion der Eremitage.

Und da laufe ich 2698 km bis vor die Tore dieser ersten Attraktion der Stadt; die gewaltige Eremitage, einst ein Palast der Zaren um sich „Eremiten“gemäß vom politischen Alltag zurück zu ziehen, sich Kunst und Muse hinzugeben.

Das mit dem Rückzug hat sich heute sehr geändert, wollte ich doch den letzten Tag hier nutzen um auch mal die Hallen des wohl größten Museums der Welt zu erleben, einfach nur durchgehen, Größe, Weite, Macht, kombiniert mit Feingeist menschlicher Hochkultur, Architektur.

Alles gewichen den wohl 80.000 Touristen die sich momentan in der Metropole aufhalten (davon offensichtlich 50% Chinesen) die alle gleichzeitig dem Sturzregen im Dauermodus, hier zu entkommen versuchen.

Abwarten in der Schlange bei glücklicherweise schwächelnden Niederschlag. Es fängt wieder an, die Tropfen prasseln schwer auf die gereizte Menge, Regenschirme so weit das Auge reicht, ich habe keinen, harre aus. Kein Unterstand.

Die Mengen schieben sich in einen unscheinbaren Eingang, die Geduld als wohl einziges was Eremitenniveau hier und jetzt bietet, soll sich lohnen.
Mitnichten; drinnen kocht die humane Masse wild in weiteren Schlangen vor den Kassen, es ist sehr laut und es wundert das eine solch dünne Luft überhaupt dermaßen den touristischen Schall zu transportieren vermag. Ich kann kaum atmen, die beklemmten Gedanken drehen sich um Flucht, ich wechsel die Menschenmenge zur anderen Kasse, wirres Durcheinander, Chinesische Reisegruppen stoßen plötzlich prioritär vom Ordnungspersonal kanalisiert, vorbei.
Ein Quergang hinter der Kassenbarierre verrät sich im lauten, ununterbrochenen Strom tratschender Massen….

Das wars, verschwinde flux zurück durch die nervöse Drehtür an die Luft….

Ich denke, dass ich nie mehr von diesen ganz großen Sehenswürdigkeiten berichten werde im Wanderleben. Ich muss endlich akzeptieren das kein Platz mehr ist auf diese Welt für jemanden wie mich an solchen Orten.
Wie soll ich auch sonst jemals diesen Feingeist, diese ohnehin anspruchsvolle Verortung menschlicher Hochkultur aufgreifen, reflektieren, wenn das alles nur noch untergeht im nahezu Tourist-industriellem Massenbetrieb.
Anderseits bleibe ich bei meinem Lob an die Offenheit, die Zugänglichkeit für Alle, allerdings mit der Konsequenz mich selbst dort zu verhindern.

Naja, versuchen kann mann es ja, gönne den Chinesen ihre Fotosafaris durch all die Hallen, bin weg, umgehe die großen Pfützen zwischen dutzenden, riesigen Reisebussen hinaus zum langen Nevsky Prospekt, 2 km zurück zum Shoppingcenter was wesentlich entspannter mit seinen wenigen Tausend Menschen rüberkommt.

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Der Innenhof der Eremitage, mal kurz fast menschenleer.... ein seltener Moment.

Teuer wäre das Mega-Museum allerdings nicht geworden: 200 Rubel (2,80€) im schnell-Rundgang, weitere 8-10 € in all seinen Sektionen als sichere Tagesaktion.

Sei’s drumm, so nutze ich das Geld um meinem neuen Gastgeber Vladimir einen schönen Wein zu kredenzen wenn wir heut Abend zusammenkommen.

Lecker Essen gehnt hier bekanntlich auch recht günstig. Metropolen-unübliche 3,50€ vom Kantinen Buffet. Eine typisch russische Art sich hier zu sättigen.

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