600 km zu Fuß durch Deutschland (14.10.2015) Stadt: Peine (49.000 Einwohner)

Interviev bei der PAZ (Peiner allgemeine Zeitung) was ich diesmal nicht verPAZen will; schließlich hatten die Hannoversche und Lehrter Zeitung mich schon auf meinem Run verpasst…. und suche die Redaktion gleich um die Ecke von Cornelias Wohnung auf. Michaela Gebauer heißt die Dame welche mich hier und heute ausfragt, die Chilenin stammt eigentlich aus Santiago de Chile und macht als Journalistin hier im provinziellen Peine ihr Ding. Schonwieder fast 12:00 Uhr, Regen draußen und einen “Termin” in Braunschweig… das immernoch 26 Kilometer weit weg liegt. Also, jetzt aber los, noch sechs Stunden bis zum dunkelwerden…. los, los……

600 km zu Fuß durch Deutschland (13.10.2015) Stadt: Peine (49.000 Einwohner)

Ein schönes Gefühl: In den dämmerigen Abend laufen und einfach ankommen, egal ob es dunkel wird, ich ein Zeltplatz suche…. aber jetzt erwartet mich Cornelia, die über Couchsurfing und dank Handy schnell den Konkt bestätigt. Tut gut, ankommen, Sachen ablegen, und geborgen sein; Cornelia eine 63 jährige Lehrerin kocht zudem noch gesund, lecker, vegetarisch. Der Merlot hat dazu eine gewisse Fleischnote -auch wenn’s überhaupt nicht einer ergänzung bedarf. Vom Wanderleben über’s Bildungssystem bis Nanchang, einer Millionenstadt in China, in der Cornelia mal gewesen ist, wirbeln unsere Gesprächsthemen. Zu kurz der Abend, schonwieder so spät und ich falle etwas weinselig ins ehemalige Kinderzimmerbett nebenan, warm und behütet hinter dicken Mauern. Draußen prasselt der Regen vor die Fenster.
(Bild: Tolle Stadt: Peine kannte ich zuvor garnicht, und finde einer der schönsten Stadtkerne hier am Hauptmarkt mit Brunnen. Daran ändert auch der fiese Regen nichts)

600 km zu Fuß durch Deutschland (13.10.2015)

Schlimme Kälte; gerade mal fünf Grad und schon friere ich wie ein Schneider…. wie eine kalte Eisenplatte fühlt sich mein Brustkorb an, ziehe jedes Register und hab zwei Shirts, zwei Pullover und die Jacke an, dazu zwei Schals um Hals und Brust, so gehts dann doch und habe den Blick auf die tollen Bauerndörfer Immensen, Arpke (Bild) und Sievershausen die auf dem Weg nach Peine liegen. Unterwegs esse ich noch den mittlerweile eiskalten Nudelsalat mit Orangensaft der an den Zähnen schmerzt, weil dieser sich der Außentemperatur von vier Graden schnell angepasst hat…. oh je, und ich will noch durch ganz Russland, mit locker minus 40 Grad…. da ist aber sowas von mehr an Klamotten angesagt. Also mit Trainingshose und Hemdjacke mit Kunstfell siehts düster aus in Sibirien…. Zak: Das Handy klingelt und die Redaktion der Lehrter Zeitung ist am Rohr…. zu doof, dass ich schonwieder viel weiter bin. Die müssen mich wohl irgendwo entdeckt haben, vielleicht über die Neue Presse in Hannover. Na, zu spät, jetzt bin ich schon kurz vor Peine, wo ich heute bei Cornelia eingeladen bin zum Couchsurfen…. nach 20 Kilometern freue ich mich in der wirklich schiken Fachwerkstadt Peine ein warmes Bett zu bekommen. Und mal sehen, am besten gehe ich morgen mal selbst zur Redaktion der “Peiner allgemeinen Zeitung” damit nicht wieder 20 km zu spät ein Anruf kommt …

600 km zu Fuß durch Deutschland (13.10.2015)

Raus aus der Stadt, rein in die Kälte…. gestern war zumindest noch die Sonne am scheinen bis ich kurz vor Lehrte nach gut 20 Kilometern in ein größeres Waldstück mein Lager aufbaute. Arschkalt war es diesmal, doch warm im Herzen, beflügelt von einen Anruf der “Hannoverschen Allgemeinen Zeitung” die allerdings viel zu spät angerufen hatte für ein Interviev….. zwar war das Treffen nun obsolet, freute mich aber dennoch über das Interesse an meinem Wanderleben. Doch die lange Nacht lehrte mich in Bescheidenheit; 13 Stunden im dunkeln bei nahezu null Grad ließen mich tief im Balg meiner Schlafsäcke kauern. Gefrohren hatte ich nicht, ja sogar warm und gemütlich überdauerte ich die lange Finsterniss im Zelt. Ein Glück dass ich so lange pennen kann, irgendwann wacht das fahle Licht mich morgens auf, so um halb acht und ein böses Grau lässt nichts schönes erahnen. Schlimm: Das Aufstehen, raus aus den ganzen Daunen und Kissen in die lähmende Kälte…. mein Gott, noch vor einigen Monaten ringte ich mit über 30 Grad um Mitternacht (siehe Wanderleben-Türkei) und schon erlebe ich die erste Eis-Nacht auf meiner Tour…
Noch bevor ich aus dem warmen Schlafsack krieche, stülpe ich mir einiges an Klamotten über, die ja eiskalt neben mir im Zelt umher liegen, wärme mich wieder nach, und steige so hinaus aus dem Zelt in die Kälte. Mann, was tun die Finger weh beim abbauen des Zeltes, frühstücke schlotternd auf dem Laub sitzend noch etwas Schockolade, nahezu knallhart vor Frische und versuche meinen Durst mit Eiswasser zu löschen…. tolle Aussichten; meine Kleidung reicht einfach nicht für solche Nummern, ich komme einfach nicht auf Betriebstemperatur. Auch viel später auf dem Weg nicht wirklich. 15 Euro muss ich auch noch ausgeben für mehr Unterwäsche, kaufe die bei C&a in Lehrte, da ich einfach zu wenig davon mitgenommen habe. Kaufe auch für weitere 4 € zu Essen, nehme aber auch wieder fünf Euro bei einem Gespräch mit interessierten Passanten dort ein; der pink farbende Plastikbecher mit dem Dollar-Symbol wirkt echt Wunder…
(Bild: Vorbei am Mittelandskanal hinter Lehrte mit großer Schleuse)

600 km zu Fuß durch Deutschland (12.10.2015) Stadt: Hannover (740.000 Einwohner)

(((Ausgaben: 6,50 € fürs Wochenende, alles Bier und Essen war kostenlos, unglaublich…. dann aber: 40€ für echte, dicke Handschuhe, danke Siggi aus Bielefeld nochmals für die Spende, habe die jetzt dafür ausgegeben)))……. Am “Kröpke” (Bild) dem Herzen der Stadt, ziehe ich wieder weiter in Richtung Osten, hinaus aufs platte Land. Zuvor gab es noch einen Presse Termin; Die “Neue Presse Hannover” stellt mich + Wanderleben vor. Scheint also echt zu funktionieren, die Medien haben reges Interesse…..

600 km zu Fuß durch Deutschland (12.10.2015) Stadt: Hannover (740.000 Einwohner)

“Mein Linden”, so habe ich es im Herzen sortiert, der wohl coolste Stadtteil hier wo ich das Wochenende verbrachte. Linden war vor 94 Jahren eingemeindet, zuvor noch eine eigene Stadt und heute das alternative Trendviertel mit Dönerbuden, Kneipen, Asia-Imbissen und vielen Studenten, flankiert vom alten Heizkraftwerk mit den drei Türmen als Wahrzeichen dieser echt tollen Gegend.

600 km zu Fuß durch Deutschland (12.10.2015) Stadt: Hannover (740.000 Einwohner)

Katerfrühstück aber ohne Katerstimmung hieß es an diesem Samstag; Conny und Freund Jens zogen sich zurück in eine andere Wohnung, ich konnte bleiben, hatte Connys Wohnung ganz für mich allein. Also ausruhen und mal garnichts machen. Die Stadt angucken, auch wenn ich die schon kenne, war ja schon immer viel im eigenen Land gereist, aber zu Fuß bis Hannover stand bisher noch nie auf dem Plan. Aufregend soll es hier ja eher nicht sein, zumindest in Konkurrenz zu den anderen Metropolen wie Berlin, Hamburg oder Köln, na, und überhaupt ist Hannover ja noch keine wirkliche Metropole; mit 740.000 Bewohnern einschließlich direkt angrenzender Vororten (Garbsen, Langenhagen, Seelze) erreicht die Stadt immer noch nicht die Millionengrenze, ein wichtiger Schritt zum werden einer “Metropole”. Als Kernstadt mit ihren 523.000 Menschen wirkt die eher modernistische Stadt schon groß genug, hat viele große Viertel und einige Wahrzeichen zur findung einer starken Identität; ob das alte, kollossale Rathaus oder die weltbekannte Hannover-Messe, die Stadt kennt man mehr und mehr, liegt im Zentrum Deutschlands, hat als Region ein Einzugsbereich von über 2,5 Mio Menschen, also eine Großstadt an der Schwelle zur Metropole.
(Bild: Modern, vielleicht etwas kühl, wirkt die Innestadt abseits vom alten Rathaus nahe dem See)

600 km zu Fuß durch Deutschland (10.10.2015) Stadt: Hannover (740.000 Einwohner mit direkten Vororten)

Da gucke ich scheel aus der Wäsche; Partyalarm mit den Party-Nudeln Tina (links) und Conny (rechts) die ich zum Abend in der Izarro Bar zum Gilden-Bräu schwemmen treffe…. Nach 33 Kilometern auf den Latschen zischt der Gerstensaft frisch vom Fass nochmal besser; insgesamt sind wir außerdem vier (!) Jense am Stammtisch. Ja, mein Name dürfte hier in der Gegend recht gut ankommen; Tina überlegt gar einen fünften zu organisieren, das wäre dann ein Rekordtreffen. Hach, die beiden hatte ich im Sommer auf Kreta, in Matala getroffen, hatten gesoffen und dank Facebook wieder zueinander gefunden. So bleibe ich jetzt erstmal zwei Tage hier, kann auf Connys Couch surfen, mitten im bunten Trendviertel “Linden” sozusagen das Hannoversche Kreuzköln, eine echte Kiez-Gegend wie man sie aus Berlin kennt.

600 km zu Fuß durch Deutschland (10.10.2015) Tagesetappe: Grossenheidorn – Hannover (33 km)

Jaja, 33 Kilometer sind es wirklich noch, wobei der Finger auf der Landkarte täuscht: Bis Wunstorf, einer lebendigen Kleinstadt sind’s noch fünf Kilometer, und dort stelle ich fest dass der Radweg bis Hannover satte 27 km beträgt. Uff, also doch stramm die Sohlen walken, statt mal Zeitung lesen, oder trödeln im Sonnenschein. Ja, das Wetter ist ja wieder sowas von geil. Hannover aber will nicht näher kommen…. (Bild: Der Mittellandkanal teilt sich kurz vor Hannover bei Seelze)

600 km zu Fuß durch Deutschland (09.10.2015) Stadt: Großenheidorn (3.000 Einwohner)

Die Internet Sitzung sprengt mal wieder jeden zeitlichen Rahmen, schreibe, lese und kontaktiere bei Couchsurfing & Co für die nächsten Städte die Profile. Schnell haste ich dann hinaus, schon fünf Uhr und grauer gehts momentan nicht mehr, so finster diesig ist dieser Tag heute…. Steinhude streckt sich elend lang, und dann noch dieses Großheidorn, die Nachbargemeinde, nahtlos verwachsen Haus an Haus und kein freier Flecken, ja Wald in Sicht. Schneller und schneller trabe ich entlang der Ausfallstraße bereits schon zwei oder drei Kilometer im Sauseschritt, bin heftig müde und erkenne das Ziel, einen Wald irgendwo hinter der Stadt nicht mehr im Tageslicht zu erreichen. Einkaufen müsste ich ja auch noch, erledige das noch und zahle genau vier Euro für Fertig-Nudelsalat, Reisopladen mit Schockoladenüberzug und einer kleinen Flasche Bier. Die Wartezeit an der Kasse mit Blick auf die bedrohliche Finsterniss draußen macht mich ganz irre; ich muss umdisponieren und steuere instinktiev diese kleine, schöne Dorfkirche an, frage mich durch bis zum Pfarrhaus in der Nähe. Das Licht geht an, und ein ganz junger Pastor, so in meinem Alter etwa, erweicht sich meiner Geschichten als Fernwanderer und lässt mich im Büro des Amtshauses mein Lager aufschlagen. Im Saal versammelt sich eine Kicker Gruppe, während ich so gemütlich im beheitzten Raum nebenan den lieben Gott wieder mal sehr dankbar sein kann.