… Erst exotische Millionenstädte, und nun ganze Republiken, ja Länder die sich hier in den unendlichen Weiten des Russischen „Kontinents“ finden.
Ja, natürlich aus der Deutschen Perspektive, wenngleich hier in Russland natürlich jeder die Republik Tschuwaschien kennt, besonders wer selbst zu den 1,23 Mio Einwohnern dieses Landes gehört, oder zumindest aus dem Schulunterricht. Überhaupt kennen die Russen sich in ihrem Riesenland recht gut aus, ein Resultat einer effizienten Heimatkunde seit Schulzeiten.
Einerseits ein Punkt auf der Landkarte, doch nun mal ein echter Staat im Staat; Tschuwaschien, eine der 22 Repubiken (!) im Land bildet nun den Übergang im Wanderleben vom Altrussischen Kernland in die weiteren Gebiete anderer Völker, die vor zwei, drei Jarhunderten im Zuge der östlichen Expansion des Russischen Zarenreiches, stattfanden.
Erstmals staune ich im Weitblick übers Land; auf und ab zog sich der Übergang von der Altrussischen Nischni Novgorod Oblast hinüber nach Tschuwaschien mit fantastischen Fernsichten:
Und natürlich gibts in der versteckten Republik auch eine Haupstadt: Cheboksary, die ich Donnerstags am 11 August bei 30 Grad Sommersonne verschwitzt erreiche, aber freudig die Nachricht empfange dass Adner Yegorov, mich dazu einlädt ins Filippov Hostel zu nächtigen.
Digital hatte ich mich schon verabredet mit jemanden zum Couchsurfen, entscheide mich aber letztendlich für den Blogger, Journalisten, Historiker und Netzwerker Adnan, eine Waschechten Tschuwaschen, wortwörtlich.
Der hat auch gleich ordentlich Puplikum aufgefahren um den müden Wandersmann gebührend zu würdigen; ca 10 Studenten quer aller Fakultäten versammeln sich im rustikalen Bierlokal ganz nahe dem Hostel um mich.
Das Bierlokal steht ganz im Zeichen dafür, dass sich Cheboksary als Bierhauptstadt von ganz Russland rühmt, ein Biermuseum gleich nebenan will ich noch besuchen die Tage, Zeit nehme ich mir hier an diesem Ort gern, denn am 27.08 geht ja wieder der Rückflug des Visums wegen in die Haimat, und bis Kazan, dem großen Zwischenziel ist’s nicht mehr so ganz weit.
Die noch historisch jüngere Stadt Cheboksary, soeben 500 Jahre alt liegt direkt an der Wolga, wächst allerdings noch immer und hat seinen Höchststand warscheinlich noch nicht erreicht; 472.000 Menschen sind hier Zuhause, was zudem deutlich das neue Wahrzeichen „Mother Patroness Monument“ – ich nenne es „Mama Tschuwasch“ – zeigen soll, ein Symbol des „Zuhause sein“ in Erinnerung daran wo man herkommt.
Tschuwaschien: Eine kleine, charmante Entdeckung hier ganz weit am unbekannten, östlichen Rand Europas liegt zusammen mit den anderen Republiken „Mari El“ und „Tatarstan“ ( dem Tataren-Land ) an der großen Wolga, die hier teils so breit aufgestaut ist, dass der Blick nicht hinüber gelangt.
Die übersichtliche Innenstadt Cheboksarys reicht gut und gern für einen Tagesaufenthalt. Es ist billig hier, der Espresso für 1 €, der halbe Liter gutes Bier vom Fass für 80 Rubel (1,10€) sowie ein Essen für 350 Rubel (5€) sind überschaubar.
Mir fällt auf, dass Cheboksary ein jüngeres, vitaleres Stadtbild hat als ähnliche Städte dieser Größe; Neubauten, sowie Rohbauten (wegen der Wirtschaftskriese) im Baustopp, prägen das Bild.
Schlimm aber: Immer mehr junge Leute verlassen (wie überall in Russland) ihre Dörfer um nach Cheboksary zu ziehen. Noch schlimmer: Mir erzählen nicht wenige, dass sie sogar ganz fortziehen wollen, – selbstverständlich nach Moskau.
Wieder finde ich mich im Getümmel einer „Press Conference“ wieder, diesmal im Schatten des Mother Monuments im Herzen Cheboksarys. Reporter, Studenten und sogar die Polizei – vorgefahren im nostalgischen Lada der 70er Jahre, klebt mir demonstrativ Reflektoren an den Wanderwagen.
Das Filippov Hostel beherbergt mich gratis, ein vorbildlich, top geführtes Haus mit fantastischen Duschräumen, großzügig in Marmor und wenig belegten Mehrbettzimmern, WiFi, und eben kaum internationales Publikum, da Cheboksary einfach kaum bekannt ist in den restlichen (westlichen) Breiten Europas.
Und so schlage ich mich mit den letzten Resten an Rubeln durch die Stadt, überlege hin und her wie es noch die nächsten drei Wochen weitergeht bis zum Heimflug (der ist bereits bezahlt) und hoffe weiterhin auf Kilometer-Spenden. Mein Spendenkonto findet sich unter „Kontakt“ hier auf der Website.
Cheboksary, Tschuwaschien, Wolga, Nina, und ständig Sommerwetter; eine schöne Zeit in einer spannenden, freundlichen Großstadt …. so fern, aber immernoch in Europa…
Morgen (Samstag) mache ich sogar einen Ausflug: Rüber nach „Mari El“ will ich. … 92 Kilometer Busfahrt in dessen Haupstadt Joskar Ola sind dann angesagt und bleibe eine Nacht dort.
Vielleicht bin ich da privat eingeladen; die Kontakte über Facebook laufen heiß, und wer weiß was alles kommt.
Sonntag bleibe ich dann noch in Cheboksary, Adnar mag mich noch länger hier halten. Was er wohl vor hat?
Montag dann mache ich mich auf den Weg nach Kazan, vorläufig die letzten Kilometer durch dieses großartige Land….