Auf der Straße nach Murom…

120 km mal wieder etwas ländlicher, gewagter, weil wie damals, die Blutfliegenplage droht… aber wer nicht wagt der nicht gewinnt; Sümpfe ohne Ende gibts hier eben nicht, könnte sein dass hier die Insektenplage mal erträglicher ausfällt?

Viel weniger ruhig ist diese P72 dann aber auch nicht, wieder ziehe ich konzentriert entlang der Kilometer, auf Zentimeter dicht mit all den Monster-Trucks.

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Im Land mit den meisten Flüssen der Welt; einer von 120.000 (!) Flüsse Russlands, der Klyasma unterhalb von Wladimir-Stadt.
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Na, wer kann das lesen? Erst Sudogda, dann Murom und letztlich Rjazan, eine Großstadt abseits meines Weges. Mittlerweile verstehe ich die Schrift hier ganz gut.

Sudogda,  ( Судогда ) irgendwie schon ein schlimmer Name, hört sich so nach Sodom & Gomorra an, dürfte aber sicherlich friedlicher sein.
Und so ist es auch: Ein Auto hält, der Kofferraum lädt weit offen ein, und mit Händen und Füßen, versucht ein Paar mittleren Alters mich zu überzeugen mitzukommen.
Ertmal eine Dose Baltika-Bier gibts schonmal auf die Hand, dann wird mit der Banja geworben, der typisch, russischen Sauna, und nun liegts an mir heute mit Mister & Miss Unbekannt, – sie sagen aus Moskau zu kommen, auf die Datscha zu gehen.
Offenbar kennen die mich noch von meinem Fernsehbericht und ja, manchmal hupen die Autos, Hände winken, oder die Leute sprechen mich einfach an, meist an den Tankstellen.
Als ich so freundlich wie nur möglich ablehne, lacht die Frau ungläubig so ein Angebot nicht anzunehmen. Aber ich versuche den lieben Leuten klar zu machen, dass ich einen Wander-Plan habe, ihre Datscha (Sommerhaus) recht abseits meiner Straße läge, mich heute total aufs Zelten im Grünen freue, und ich schon einiges an Sozialleben die letzten Tage hatte.
Naja, dann eben nicht, … glaube ich zu verstehen… und es tut mir ja schon etwas leid.

Schwirig ist eben auch diese Sprachbarierre, was auf Dauer wirklich anstrengend sein kann. Ich erinnere mich noch an den guten Sergej von Staraja Russa. Dort verbrachte ich als linguistisches Alien eine ganze Zeit, was natürlich toll war, aber eben auch sehr viel diplomatische Energie verlangt.

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Nervig: Ewige Kilometer sind die Seitenstreifen der Straße nach Murom mit scharfkantigen Bruchsteinschotter ausgelegt. Der wahre Horror für Radfahrer, Fußgänger und erst recht Wanderwagen ....

Nach einer tollen Nacht im Zelt auf einer der weiten, großen Blumenwiesen, die hier zwischen den Wäldern so landschaftstypisch sind, sinds noch acht km bis Sudogda, ( 9.600 Einwohner ) wandere weit über die Zugangsstraße in diesen lang gestreckten Ort hinein, voller Vorfreude auf Kaffee und WiFi, finde aber lediglich nur ein übergroßes Dorf, mit ansich interessanten, städtischen Ortsbild, einer wiederum darbenden Kleinstadt im provenziellen Nirgendwo.
Einkaufen, aber sowas von… das muss ich hier, denn die nächsten knapp 100 km dürften laut Karte noch magerer ausfallen; kein einziges Lokal zum hinsetzen, ob nun mit oder ohne WiFi-Internet ist mir nun auch Wurscht, finden meine Adlerlaugen hier mitnichten …
Also dann eben eine kalte Dose Cola aus dem Kaufladen, genießen aus meinem Glas auf dem Bordstein. 20 Euro musste ich schon berappen für jede Menge Konserven, Schokoladen, Brote, und so viel Wasser + Bier was der Wanderwagen tragen kann..
Diesmal sicher an die 40 Kilo die schwer auf den Achsen lasten. Angst das bald beim nächsten Bordstein alles zusammenbricht habe ich, so schwer beladen war der noch nie…

24.07.2016.

30 Kilometer sind es heute; meist und wie immer durch monotone Nutzwälder ohne jegliche natürliche Beschaffenheit (kaum eine Kiefer oder Birke ist über 50 Jahre alte, alles in ursprünglicher Reihenpflanzung wohl durchforstet mit der Zeit) die manchmal unterbrochen mit weiten Wiesen eine tolle (Wild)Camping Möglichkeit bieten.
Die Wälder selbst sind immernoch zu dicht, zu stark zugewuchert am Boden und immernoch voller Fliegen die sofort angreifen, nährt man sich des Waldes Saum….

25.07.2016.

36 Kilometer schffe ich heute, und jaaaaaa, es gibt sogar Internet an einer der Tankstellen (WiFi). Somit kann ich gottseidank jetzt Alex aus Murom bescheidsagen, dass ich morgen seine Stadt erreiche, – nach deftigen Kilomterklopperei dann –
Ich schreibe ihm die Mail und lade noch schnell die Tagesschau runter, entsetze mich über all die Dinge die da stehen… Anschläge, Messerattaken, … da ist es im großen Russland aber ruhiger. (Lese auch die „Russian News“ auf Englisch)
Viel (viel) schöner sind da die Scype-Sitzungen mit Mama und Freund Georg, der jetzt immernoch auf dem Jakobsweg in Frankreich, mittlerweile kurz bis vor der spanischen Grenze pilgert.

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"Keinen Pfifferling" mehr wert, heute der Rubel .... wollte man meinen beim aktuellen Wechselkurs dieser Tage. Aber überall im Land sehe ich sie: Eimerweise Pfifferlinge, die Schätze russischer Wälder angeboten am Straßenrand in den Dörfen.

Und wie schade das ich immernoch keinen Kocher habe; Pfifferlinge, Tonnenweise an den Straßen warten auf Käufer…. billig, nahezu für einen Appel & Ei zu haben gibts den „Eierschwamm“ hier als Massenware, allerdings in bester Echt-Qualität, gesammelt aus dem Wald.

26.07.2016.

Jaaaaa, anbekommen in Murom, einem kleinen Zwischenziel, nach mindestens 120 Kilometer nahe dem Hitzekoller…. puuuhh, heute rockte ich noch die letzten 36 km bis zur Stadt.
Hier treffe ich mich heute Abend mit Alex, der mich aufnimmt; Dusche (!), Unterhaltung und hoffentlich eine flotte Waschmaschiene sind angesagt !!!

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Murom, mit 112.000 Einwohner eher mittelmäßig, allerdings mit über 1000 Jahren eine der ganz alten Städte in Russland ist erreicht. Gleich neben der glänzenden Kirche finde ich ein tolles Cafe mit WiFi zum bloggen *freu*