Eine von den 15 Millionenstädten des Riesenlandes welches eben 40% des europäischen Kontinents besitzt, da ist es eben so eine Sache mit all den Orten dieser östlichen Landmassen, so gibt es ja noch Perm, Kazan oder Samara, weitere Metropolen dieser fernen Ferne im Unbekannten.
Ja, unbekannt ist fast schon exotisch; kaum irgendein Tourist aus Westeuropa ist hier zu sehen, Nischni Novgorod, mal so groß wie Köln, hat durchaus was zu zeigen; eine alte Handelsstadt am Zusammenlauf zweier mächtiger Flüsse, die Oka und Wolga, schaut auf 795 Jahre Geschichte zurück, zuerst ganz ehrfürchtig als „Untere Neustadt“ benannt, in namentlicher Abgrenzung zum damals schon längs existenten „Großen – oder bedeutendes Novgorod“, dem mir wohlbekannten Weliki Novgorod, noch recht am Anfang meiner Russlandwanderung.
Also zwei „Neustädte“ gibts in Russland, die eine historisch gewichtiger, die andere viel größer heute; mit 1,3 Mio eine weitläufige, ausgedehnte, aber auch relaxte Metropole die nicht so dermaßen überladen und stressig wirkt, eben lokal und ganz schön Russisch auftritt; wenig international, von der so touristisch vernetzten Welt recht unentdeckt.
Meine dünnen Beine betteln nach Entspannung, auch die Füße sehen das ganz ähnlich.
Abgesehen von einigen recht langen Rundgängen in die Innenstadt, verbringe ich die Zeit an meinen Lieblingsorten, den Cafes, einem Mc Donalds, sowie der neuen Hero-Schoppingmall, – bei 35 Grad Sommerhitze stets klimatisiert entschwebe ich in dieser künstlichen Welt dem Full-Time Job Wanderleben ein wenig.
Gleich sechs Einladungen flatterten mir in den elektronischen Postkasten über die Zeit, meine Wahl viel auf Sergei, einem 24 Jährigen der sich total für Indien interessiert; ich solle ihm vom Land erzählen, ihm bei der Reiseplanung helfen.
Kein Ding für mich, kenne ich doch Indien wie meinen Wanderwagen in und auswendig.
Eindrücke einer besonnenden Großstadt, in angenehmer Mittelmäßigkeit: Nischni Novgorod, 400 km östlich von Moskau:
Viele Kirchen mit goldenen Türmen prägen sich mit der Zeit als die Wahrzeichen einer typisch Russischen Stadt ein.
Vom Kreml, der historischen Bergfestung fällt der Blick überall auf tolle Sachen der historisch neueren Unterstadt.
Nischni Novgorod liegt hoch über der Wolga mit seiner alten Mauerfestung (Kreml).
Sonnenuntergang über der Wolga in der Stadt.
Weit reicht der Blick hier nach Osten, wo ich schon bald wieder als Punkt am Horizont verschwinde ….
Die Sicht vom der fünften Etage der Nebo Schoppingmall auf die Stadt.
Neubauten entstehen auch in Nischni Novgorod überall; die Stadt wächst noch für einige Jahre.
Historische Fassaden entlang der Bolschaja Fußgängerzone im Zentrum der Stadt wechseln immer wieder mit sozialistischen Bausünden bildlich ab.
Was war das nochmal für ein Bau? Jedenfalls fällt der gut auf im Zentrum.
Die Bolschaja Straße ohne Autos, traumhaft hier in aller Ruhe dem automobilen Fluch aller Großstädte, zu entgehen.
Ca 1,5 Kilometer zieht sich die Fußgängerzone durch Nischni Novgorod.
Cafes und Kneipen gibts genug hier, allerdings sind die Portionen in den Restaurants reckordverdächtig winzig, und lediglich der Preis bleibt üppig…. vorbei die Zeiten sich biegender Tische in Russland (?)
120 Jahre alt, das Stadttheater von Nischni Novgorod. Oper und Konzert, sowie Balettsäle gibts hier auch noch in großer Fülle.
Noch sind die nüchtern, die Jungs von irgendeiner Militärsache – wie mir Gastgeber Sergei erzählt, und schon bald fliegen die Fäuste in Kneipen, Bars und Treffpunkten feierlicher Bierlaune.
Keine Russische Stadt ohne das ewige (!) Feuer am Denkmal des unbekannten Soldaten, so auch hier in Nischni Novgorod. Stellvertretend für alle namentlich nicht fassbar Gefallenen des zweiten Weltkrieges.
Im Kreml (Festung) der Stadt stehen überall verschiedenste Bauten, von althistorisch (die Stadtmauer) bis zweckmäßig profan jene der Stadtverwaltung.
Und natürlich Militärischer Patos innerhalb der alten Stadtmauer, wenn auch sehr gepflegt in aller Blumenpracht untermalt, mahnt als fester Bestandteil eines jeden Russische Stadtbildes, die Vergangenheit zur Schau gestellt.
Sergei muss – wie fast alle meiner Gastgeber, den ganzen Tag arbeiten. Ich verliere mich unweit vom Wohnhaus in der brandneuen Nebo Shoppingmall, in der es noch frisch gestrichen riecht, und viele Läden noch garnicht eingezogen sind.
Ein Wandel unserer Zeit im Sinne neuer Zentren; einst die Kirchplätze, und die Märkte, sinds heute diese überdachten Superkomplexe wo das komplette, geistige Abschalten durch permanente beriselung einer Glasglänzenden Scheinwelt, gehüllt in Popmusik und flimmernden Supermonitoren, gut funktioniert.
03.08.2016.
Endlich ist es kühler: Schweres Gewölk bringt wohltuenden Wind ins schwitzende Gesicht, wobei ich so wenig wie möglich unterwegs sein möchte, öle ich wie ein eingelegter Hering.
Die Zeit verbringen im Kaffehaus, was die günstigen Preise mir (noch) erlauben, tut mir am meisten gut.
Bis neun muss ich nun auf Sergei hier in seiner Wohnung warten, Zeit genug um mal hier wieder ordentlich zu bloggen; allein die ganze Bildbearbeitung dauert gut eine Stunde, natürlich gern geschehen, aber uff, manchmal läppert sich da ganz schön was zusammen.
Hier in den kruden Wohnvierteln unweit der Innenstadt, wo ich jetzt so gut untergekommen war.
Danieder liege ich in Sergeis Küche auf dem Klappbett. Drei Nächte nimmt er mich hier auf.
Wieder wohne ich in so einem typischen Hochhausviertel, ca drei km von der Innenstadt Nischni Novgorods entfernt.
Gruselig die Umgebung um die Wohnkasernen: Wildnis und abenteuerliche Brücken sowie rostige Leitungen und Kabelwerk.
Jahrzehnte wuchern Bäume selbst im Innenstadtbereich vor den Fenstern, verdunkeln so jeden sonnigen Tag wie im Jungel von Afrika.
Morgen ziehe ich dann wieder weiter, nach Osten…. diesmal wieder auf die ganz große Fernstraße, 240 km ohne jede Stadt bis Čeboksary, die Haupstadt der Republik Tschuwaschien…. ja kein Scherz, die heißt wirklich so.