“Viva Polonia” 800 km zu Fuß durch Polen (01.11.2015)

Wahnsinnig viele Biersorten sind zu erkunden; zuerst das Tyskie, eine der größten Nummern am polnischen Bierhimmel versüßt mir gleich den ersten Abend im Land. Zelt aufgebaut, in Jacke und Decke eingehüllt und nun die letzten, kurzen Tageslichtmomente genießen bis die lange Nacht kommt…(Bild: 0,65 Liter: Genau das rechte Maß für den Fernwanderer!)

“Viva Polonia” 800 km zu Fuß durch Polen (01.11.2015) Stadt: Slubice

Wieder mal im Busch gelandet. Nach der Aktion im Hotel-Lager – oder Lager-Hotel, wohl die beste Entscheidung. Platz ist allerdings genug hier, viele wilde, freie Wiesen mit niederen Bäumen und Sträuchern, zwischen Gewerbe und einfachen Wohnhebieten, gleich neben der dröhnenden Hauptstraße lassen mich nicht lang suchen …

“Viva Polonia” – 800 km zu Fuß durch Polen (01.11.2015) Stadt: Slubice (17.000 Einwohner)

Also: 4,20 Zloty sind 1 Euro. Ungefähr. Und schon flüchte ich entsetzt beim “Kantor” der Geldwechselstube vor unfassbarer Unfreundlichkeit einer zwar sehr gutausehenden, aber Gift-garstigen Dame hinter dem Sicherheitsglas, der es nicht schnell genug geht, bis ich all die kleinen Scheine sortiere zum wechseln. Genervt als wolle ich ihr ein Zeitungsabo andrehen faucht sie irgendwas unverständliches durch die trübe Scheibe; wilkommen in Polen, dem Land der garstigen Geschäftigkeit. Zumindest als Kunde wird man hier offensichtlich als notwendiges Übel gesehen. Als Reisender aber nicht, und frage mich durch, bekomme auf gebrochenen Deutsch Auskunft. Slubice ist wahrscheinlich alles andere als Paradebeispiel zur polnischen Mentalität, liegt der Ort ja im Grenzverkehr ganz im Zeichen zum Billig-Einkauf-Touristen auf Zigaretten oder Benzin Beutezug aus Deutschland kommend. Und somit ist man hier ja den teutonischen Besucher gewöhnt, wenn eben auch nicht im freundlichsten Sinne. Slubice ansich ist zwar sehr sauber und schön ausgebaut im innern, wirkt aber sehr wie ein Billigbasar mit all den bunten Läden die z.B. “Zigaretten, fast umsonst” anpreisen, außerdem mit meterlangen Alkoholregalen inklusive. Jaja, eine andere “Kantor-Dame” war so frei ohne Gift verspritzend mir 120 Euro in Zloty zu wechseln. Essensvorräte sind noch genug aus Deutschland im Speicher, polnisches Bier ergänze ich aber noch gern dazu. Also weiter, und raus aus dem Ort…. finde noch zentral ein drei Sterne Hotel, nix für mich…. ein Hinweis auf eine Billigabsteige führt mich zum Ortsausgang: Das “Oasis” sieht dem komplettabriss nahe aus. Ist zudem – wie alles an diesem Sonntag, geschlossen. Die lockere Türklinke hängt aus der Fassung, lässt mich aber nicht hinein… naja, auch gut so, also weiter. Fast zum ende der Siedlung, die immer schrulliger wird, kehre ich nun ins “Holiday Hotel” ein, oder eher einem Lager sollte man meinen; schon vor dem maroden Gebäude lungern schlecht gelaunte Gestalten die den Wanderwagen und mich so angucken als sei ich frisch einem UFO entstiegen. Drinnen glaube ich kaum, hier mitten im zuvor so gelobten Europa, ein so schlimmes Ding zu entdecken; am Schalter und daneben lungern noch mehr Jungs in Flipflops und ihren Handys wie auf einer Gastarbeiterbaustelle ab. WiFi scheint es wohl zu geben, doch die heisere, alte Schachtel an der Rezeption hat überhaupt keine Lust sich um Gäste zu kümmern. Zwei LKW Fahrer schimpfen auf russisch und ein Pole, offenbar aus Fankreich, hilft mir zu übersetzen, dass in einer Stunde jemand kommen würde um zu checken was Zimmermäßig so geht…. uuuuuuuuff, schnell raus hier, schnell, schnell. Es richt nach Furz und Schweiß, der gewagte Blick auf die dunklen, langen Fluren lassen schon im Vorfeld Sehnsucht aufs Zelt, tief im Walde aufkommen…. und dort will ich jetzt nur noch hin …
(Bild: Auch das ist Viva Polonia: Lager-Romantik wo nur das Wort “Hotel” daran erinnert worum es geht. – Selbst in Indien hatte ich noch nie sowas gesehen)

Viva Polonia: 800 km durch Polen (01.11.2015)

Hallo Georg, mein lieber Liebhaber großer Flüsse: Die Oder überschreite ich und denk an Dich. Aber auch an alle die es noch wissen, erlebten wie hier mal eine eisenharte Visa-Grenze jeden stoppte der hier durch wollte. Die Polen hatten zwar rechts gewählt vor kurzem, doch so hoffe ich, dass es immer so bleibt wie es heute ist. Ja, Freiheit atme ich jetzt hier über dem Wasser, Freiheit wie sie nicht selbstverständlich war und ist. Wir müssen alle aufpassen und dafür einstehen das es so bleibt, und nie vergessen was dieses vereinte Europa für uns bedeutet.