Überleben im Paradies …

Also, weiter gehts … nach den nächtlichen Sandsturm muss unbedingt eine Alternative her, brauche nahezu den ganzen Tag  anschließend um die Gegend um Maspalomas zu erkunden, ohne 21 kg Gepäck auf den Schultern wenns geht.

An Kontakten hier in der Urlauber-Metropole im Mini-Format, mangelt es mir nicht, besuche noch einen Schweizer der ebenfalls vom ewigen Leben unter der Kanarischen Sonne träumt, lasse mich bei ihm auf einen üppigen Teller Nudeln einladen, lasse Sack und Pack bei ihm und wandere leichtfüßig in den Norden der Touristenstadt entlang der zentralen Via Tirajana, einer ca drei Kilometer langen Hauptstraße gesäumt von Hotelburgen, Saufbuden und Kalorientempeln von Deutsche über Norwegische bis „Gay Cuisine“ Küche, hinauf bis ins Wohngebiet „San Fernando“ dort wo eben auch die abertausenden Kellner und Hotelangestellten wohnen, mittlerweile aber auch immer mehr Residents aus Nordeuropa, die hier die weitaus billigeren Wohnungen gleich kaufen und hierbleiben.

Hier oben schwitze ich bei 29 Grad, telefoniere noch bei einer Kaffeepause (Espresso für 1,40€) mit Mama in Recklinghausen, wo’s lausige drei Grad Schmuddelwetter sind…. ich sende ihr Sonnengefühle.

Irgendwann wandere ich über eine laute Autobahnbrücke, wuchtige Palmen halten sich künstlich bewässert entlang des lärmenden Highways, der 2006 brandneu in den schroffen Fels der wüstentrockenen Südseite der Insel geschlagen, die ganze Region wirtschaftlich befruchten soll; mehr Autos satt mehr Wasser. Eine Formel die wohl weltweit gilt und bisher (leider) nur zu gut funktioniert.
Weiter rauf, stoße ich auf ein verwildertes Neubaugebiet, wo ein ganzes Stadtviertel neu entstehen sollte; „El Lomo“ klingt der letzte Versuch, die Siedlung noch tiefer in die letzten Winkel des schmaler werdenden Bergtals hineinzudrücken. Ganz hinten, wo noch Kakteen und vertroknete Dornenstreucher genug Wildnis bieten um dort abgeschieden zu zelten, finde ich mein alternatives Schlafzimmer; völlig windgeschützt umgeben von hohen Felsen.

image
Schroff und extrem trocken. Wie in Mexiko sieht es hier aus, einige Kilometer vom Zentrum der Touristenmetropole zelte ich gut abgelegen hier in typisch kanarischer Wildnis.
image
Bloß nicht barfuß hier laufen.... aber wild-schön ist es hier... so ruhig und dennoch nicht alzu weit weg vom totalen Trubel des Yumbocenters.
image
Super-stachelige Feigenkakteen schützen mein Schlafgemach, versorgen mich noch mit Vitaminen, da ihre rot-rosanen Früchte essbar sind.
image
Extreme Trockenheit, viele Monate kein Regen und doch übersteht das wiedersdansfähigste Wesen diese oft tödlich lange Durststrecke: Wenn man Kaktus heißt.... und vor allem mein Nachbar ist; die Erlösung ist nah, klares Wasser bleibt genug übrig und lasse ihn trinken ....

Wärend die Natur hier im Todeskampf um jeden Tropfen Wasser alle Register zieht, ziehe ich wieder weiter ins opulent humane Schlaraffenland, ein paar anstrengende Kilometer zurück, wo gute Freunde mich dazu einladen..
Roland und Rudi sind alte Bekannte von vergangenen Zeiten hier auf der Insel, als ich mich lautstark mit einem der marrokanischen Klamottenhändler im Yumbo Center zoffte, weil dieser mich beschimpfte, als ich nach der Anprobe einer recht minderwertigen Hose nicht kaufen wollte.
Das war vor vier Jahren, und der Tumult machte auf mich aufmerksam. Roland lud mich damals auf ein Bier ein, fand mein Temperamentsausbruch gut – eine Freundschaft die mal aus Streitkultur enstand, nicht umgekehrt.

image
Auf Gran Kanaria vor Jahren kennengelernt: Rudi (links, 81 j.) und Roland (rechts 63 Jahre) laden mich zu einem Ausflug nach Puerto Mogan ein.

22 km fahren wir mit dem Bus weiter nach Westen, wo die Insel noch wenige Siedlungen, nahezu rein aus Touristenhotels bestehend im steilen Fels geschlagen bald ins schroffe, steile Bergland übergeht, so steil, dass keine Straße mehr weitergehet, die Berghänge scharf in den tiefblauen Atlantik abfallen.

Ganz hinten war vor genau 200 Jahren noch ein kleines Fischerdorf, Puerto Mogan (Hafen von Mogan) wärend einige Kilometer dem Flusstal landeinwärts folgend das Bauerndorf Mogan nahezu in tropischer Schutzathmosphäre zwischen den Berghängen, Mangos, Bananen und Papayas gedeien lässt. Am Hafen entdecke ich auch Kokospalmen.

image
Puerto Mogan scheint wie eine reine Kulisse für den Tourismus zu wirken. Authentisch geht zwar anders, aber schön ist es hier einfach .... ein reale Bilderbuchidylle, die ihre unreale Authentitzität nicht zur Kritik fordert. Jedes dieser Häuser ist zu mieten, in allen Reisekatalogen zwischen Oslo und Milano.

Und dann das: Eingeladen zur Tradition.
Fischessen im Hafenort gehört zum festen Ritual meiner beiden Gastgeber, die hier seit vielen Jahren regelmäßig herkommen, somit in bester Gesellschaft sind wie ca 35% aller Urlauber hier, die nahezu jedes Jahr kommen.

image
Heute Abend noch was vor? .... Dann besser Finger weg vom Tomatensalat nach "Kanarischer Art" ... Tomaten, Olivenöl und tonnenweise roher Knoblauch darüber. Fertig ist der Kanarische Tomatensalat also.
image
Welch ein Kontras zu meinen Konserven-Buffets am Zelt: "Kanarischer Fisch" scheint ebenfalls dem Knoblauch verfallen. Schön aufgebacken aber natürlich mit kanarischen Kartoffeln und dem kanarischsten aller Leckereien, dem Mojo, jeweils einem würzigen Dip in rot und grün.

Somit komme ich also mit meinen Freunden hier ganz gut über die Runden, und träume davon dass die nächsten paar Monate doch eigentlich so bleiben mögen.
Zumindest ist warmes Sonnenwetter garantiert. Das ist schonmal sicher.

Kommentar verfassen