Mal mit den Bus rüber ins „Menschen Land“…

92 Kilometer sinds von Cheboksary, bis zur Nachbar-Haupstadt Yoshkar Ola ( 240.000 Einwohner ) die allerdings strikt nach Norden gelegen kaum auf meine Wanderroute nach Osten passt.
Also dann mal für 2,80 € in den kleinen Bus und los gehts. Ganze 80 km führt die Straße durch ununterbrochendes Waldgebiet. Kein Dorf, kein Garnichts bis dahinter plötzlich die typisch, triste Plattenbaufront erscheint: Yochkar Ola ist erreicht.

„Rote Stadt“ heißt Yochkar Ola in der Sprache der Mari übersetzt, und „Mari El“ (Menschen-Land) die Bezeichnung dieser neuen (Teil)republik, erschaffen als Wortspiel für’s Territorium der ehemligen „Tscheremissen“ wie dieses finno-ugrische Volk ethnisch korrekt heißt, also im Gegensatz zu den Turk (türkisch) affinen Tschuwaschen ursprünglich aus dem finnischen Kulturkreis stammten.
Welch ein Durcheinander im Post Völkerbewanderten Wolgagebiet, mit all ihren Nationen im Staat.

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Ich bleibe: Für 6,50€ ein Bett im Yoshkin Kot Hostel, in Yoshkar Ola.

Ja, es ist alles sehr erschwinglich hier, das Hostel kostet nur 450 Rubel, lande somit ins letzte freie Bett im Gemeinschaftsraum, schwitze aber die ganze Nacht wie Hulle…. mit wieder über 35 Grad war der Tag echt wieder Russisch – Tropisch ….

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Nagelneu: Die zentrale Kirche im brandneuen Kreml von Yoshkar Ola.

Zuvor konnte ich mir die Stadt ansehen, die neuerdings in ganz Russland für Aufsehen erregt; nahezu komplett neu glänzt ein kurioses Disneyland-Stadtzentrum voller Nachbauten aus der ganzen Welt.
Flucht nach Vorn hat’s wohl geheißen, als noch das Stadtzentrum aus wäldlich, urbaner Wildnis bestand, die kleine Haupstadt nahezu frei jeglicher bildliche Identität war, und der Zerfall nur noch Yoshkar Ola als lokaler Universitätsstandort etwas entgegensetzen konnte, wo es sich billig lebt.

Abertonnen geschliffener Granit umranden den neuen Festungskomplex, markieren somit den Umriss eines Kremls, den es historisch in der jungen Stadt nie gab. Vor ca 450 Jahren gegründet von den expandierenden Russen noch als Militärfestung, ausgerechnet zur Eroberung des dortigen Mari Landes, blieb Yoshkar Ola noch bis zum Ende der Zarenzeit, vor über 100 Jahren, lediglich ein ärmliches Provinznest von kurzlebigen Holzhäusern.

Also, nicht nur in China enstehen neue Eifeltürme oder bayrische Landschlösser vom Reißbrett, auch in Yoshkar Ola lässt sich ein kurios mutiger Versuch bewundern, einer völlig neuen Selbsterfindung; Belgische Gildenhäuser, Italienische Turmbauten, Deutsche Schlossromantik, und venezianische Dogenbaukunst – wenn auch letzteres im Rohbau, um nur einiges zu nennen, wirken wie eine Fata Morgana in der unendlich, tristen Weite einer Tundra ähnlichen Waldlandschaft, weit, weit hier im unbekannten, fernen Osten Europas.

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Und es funktioniert: Touristen stöhmen über die weiten Plätze im neuen Zentrum Yoshkar Olas, wenn auch fast auschließlich Russische Besucher.
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Links das "Grande Chateau" ... im (nord)italienischen Style, rechts daneben das "Schloss Neuschwanenstein" dazu noch ein Pope aus Gusseisen.

Das Land der Mari El ist zwar fast doppet so groß wie das nahe Tschwaschien, hat aber mit 687.000 Einwohner nahezu die Hälfte der Einwohner.
Arm und schwerpunktmäßig auf die Holzindustrie beschränkt, leidet die ohnehin kleine Republik unter starker Abwanderung, dürfte selbst seine erfinderische Haupstadt bis 2050 ganze 40.000 Bewohner ärmer sein; der Tourismus aber dürfte es schaffen den Schwund zu begrenzen, anderes nämlich, gibt es in Yoshkar Ola nicht.

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Treffen mit Reporterin Nastja in Yoshka Ola, die mich zu Kaffee und Kuchen einlädt.

Und auch hier heißt es das Rampenlicht in Stellung zu bringen; Nastja trifft mich am nächsten Morgen um halb neun zum Interview; natürlich übers Wanderleben, aber auch um mir einiges über ihre außergewöhnliche Heimatstadt zu erzählen.
Wobei sie als Weißrussin vor 25 Jahren geboren, lang in Südrussland lebte, heute aber ihr Herz in Yoshkar Ola zu Hause weiß.

Ein Tag (und eine Nacht) in Yoshkar Ola, 92 km abseits vom Wanderweg.

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Jeden Tag mein halber Liter Kwas! Billig für nur 30 Cent, immer kalt und frisch überall zu haben. Russischer kann eine Erfrischung nicht sein.

… Und wieder zurück nach Cheboksary, wo das ganze Gepäck (Wanderwagen, Rucksack) im Hostel zwischengelagert sind. Immernoch folge ich der Einladung Adners (den ich allerdings die letzten zwei Tage nie mehr wieder sah) im Filippo Hostel zu bleiben, lohnt sich ohnehin nicht mehr heute noch groß zu wandern, werde morgen früh dann wieder starten, …. auf nach Kazan…