600 km zu Fuß durch Deutschland (19.10.2015)
Stadt: Magdeburg (232.000 Einwohner)

Als ich gestern um ca 22:00 Uhr die Flucht ergriff, landete ich eben in der dunklen Stadt nahezu auf der Straße. War aber nicht schlimm, nur dass ich gut eine Stunde umherirrte um bloß irgendwas zum trinken zu finden, außer teuer bei Mac Doof im Plastikbecher zu kleinen Mengen.
((Ausgaben: 4,50€ für zwei Getränke)) Gut satt werden konnte ich ja doch, da gestern der Abend mit reichlich Essen echt gut anfing. Aber egal, schlafen konnte ich Abseits hinter einer Fabrik auf nassen Betonplatten zwischen wilden Büschen und Plastikmüll. Dem Super-Hilleberg-Zelt sei dank; trocken und gemütlich. Nur im stockdunkeln das Lager aufbauen, dazu noch bei fiesen Regen geht echt an die Nerven. Im Morgengrauen heute baue ich fix wieder alles ab, wer weiß wer mich hier noch findet…? Also los und erstmal reichlich Zeit lassen um Magdeburg zu sehen. Im “Hundertwasser Haus” entfliehe ich zwischenzeitlich dem Dauerregen und gönne mir gleich zwei heiße Cappuccino für 4,60€. Zeit zum Handy aufladen und für lange Gespräche mit Freund Georg und Mama Daheim.
(Bild: Wärme tanken im Trockenen: Das Cafe Alt-Magdeburg tut echt gut)

600 km zu Fuß durch Deutschland (18.10.2015)
Stadt: Magdeburg (232.000 Einwohner)

Früh starte ich an diesem grauen Tag auf den heute so langen Marsch auf Magdeburg. Gestern sollte ich eigentlich mehr Kilometer geschafft haben, warf aber in der Kneipe alles über den Haufen. Dafür kann ich mich heute auf ca 45 Kilometer freuen, die über ewige Landstraßen nur wenig Pausen erlauben. – in 10 Stunden wirds ja wieder dunkel…. über Seehausen mitten im Nirgendwo, zwischen unendlich großen Äckern, manchmal bis zu zwei Kilometer weit, laufe ich schmerzenden Fußes bei Kilometer 33 im Ort Wanzleben ein, danach immernoch 10 km bis in die Großstadt. Ronny wartet schon und sein Freund nehmen mich mitten im Zentrum von Magdeburg auf. Fertig und abgeschlagen vertrage ich das Bier allerdings recht gut. Auch Vodka kippen sich die beiden in Strömen hinein, ohne aber offensichtlich besoffen zu werden. Eine tolle Stimmung, doch als es dann zum Sex kommen sollte, ich aber nicht wollte, kippte die Stimmung total; erzählen könnte ich jetzt, aber das ende vom Lied ist, dass ich einfach nur wieder raus wollte. Stimmung kaputt, komisch kaputt. Also raus, unter giftigsten Protest der beiden Jungs (ca in meinem Alter) der im Sexfrust echt heftig zur Sache kommt; “Du Ratte”, “Kapitalisten-Schwein” – wir sprachen zuvor übers Wanderleben und das Geld, – schreit es mir bei der Flucht die vielen Treppen hinunter durch den Flur, sodass der Wanderwagen nur so scheppert…. Uff, mein erster “Worst-Case”…. also Gastfreundschaft im wahrsten Wortsinn von hinten; mann, der Sperma musste den Typen nahezu schon aus den Ohren gelaufen sein…. was für ein Zoff aufeinmal….
(Bild: Finsteres Magdeburg…. grau im grau, aber mit Blick nach vorn; die Elbe mit dem Madgeburger Dom)

600 km zu Fuß durch Deutschland (17.10.2015) Dorf: Hötensleben (2.400 Einwohner)

Den Sprung hinüber muss ich aber noch schaffen: Keine zehn Kilometer weiter stehe ich vor der Gedenktafel in Hötensleben, einst Grenze zweier Welten, Grenze zur DDR, heute Grenze zum Land Sachsen Anhalt. Mauern, Todestreifen und Grenzwachtürme mahnen denkmalgeschützt vor Ort. Nach all der Zeit fühlt es sich noch immer komisch an, hier einfach hinüber zu spazieren…..

(Bild: Ich erinnere mich noch gut an 89: Elf Jahre war ich damals, und verstand nur mäßig was da passierte.)

600 km zu Fuß durch Deutschland (17.10.2015)

Hab dann doch noch den Dreh geschafft und löse mich von trunkenheit und Gesellschaft, die mir noch sogar 10€ für den Weg einbrachte; ein Gast im Kiosk zückte tatsächlich einen Zehner für die Spendenkasse als er von dieser erfuhr. Benommen, begeistert, beschwipst ziehe ich dann weiter, versetze die Spende gleich in Nudelsalat und Fruchtsaft, Konserven und Brot bei Edeka. Weit komme ich jetzt bereits wieder um 16:00 Uhr nicht…. gleich wirds dunkel und kann noch einen Blick auf den Kohle-Tagebau von Helmstedt erhaschen. (Bild)

600 km zu Fuß durch Deutschland (17.10.2015) Stadt: Schöningen

Versacken im Hinterzimmer vom “Kiosk am Park”. Eigentlich wollte ich mich hier mit Jens verabschieden, da hier die Straße nach Osten weiter geht. Aber warum schonwieder weiter ziehen? Jens ist immer für ein Bierchen gut, ich allerdings auch und der Wandersmann findet schnell Anschluss, mit Einladungen auf noch mehr Bier inklusieve Lakritzlikör. Rau aber irgendwie herzlich gehts hier ab; “Matze” (links von mir) weiß von Schlägerei-Abenteuern zu berichten und vom anderen Kiosk unweit von hier, wo die Post noch ruppiger abgehen soll… “da wirste sofort platt gemacht” sagt er…. …. ….. …. der Osten ist nah, und das spüre ich am rauen Wind der Mentalitäten schon bereits hier.

600 km zu Fuß durch Deutschland (17.10.2015) Stadt: Schöningen

Mit Jens und Hund & Jens und Wanderwagen auf Erkundung durchs “Zonen-Randgebiet” in dem Schöningen liegt. Das war vor 26 Jahren noch kurz vor der Grenze zu Dunkeldeutschland, und schon immer auf spezielle Wirtschaftsförderung angewiesen. Auch nach der Wende erfüllten sich die Visionen von explosiver Wirtschaftskraft mitnichten; die plötzliche Lage der ehemaligen Grenzregion in der Mitte der Republik ließ hoffen auf eine zentrale Rolle im Land, ließ aber stattdessen bis heute auf sich warten. Schöningen, einst im Mittelalter zur Größe gekommen, hatte noch in den 80ern über 16.000 Bewohner. Heute sehe ich neben hoher Arbeitslosigkeit und Bevölkerungsschwund die klaren Vorteile: Es lebt sich billig hier, Wohnungen sind günstig zu haben und überhaupt macht das kompakte Zentrum der gepflegten Stadt einen guten Eindruck. Für 6,50€ esse ich deftig eine dicke Pizza-Gyros mit ein Bier echt gut und günstig.
(Bild: Altes Fachwerk und 700 jährige Kirche im tollen Städtchen Schöningen)

600 km zu Fuß durch Deutschland (16.10.2015)

Kalte, weite Landschaft dämmert entlang des (langen) Weges vor sich hin. Niedersachsen als zweitgrößtes Flächenland, größer als z.B. die Niederlande, hat ordentlich Kilometer zu bieten…. doch eben genau das ist es was ich so liebe: Der weite Blick wie hier über die Rübenfelder und die Weite vor mir, der ich mich mit bloßen Füßen stelle.